CO2 ist doch Pflanzennahrung – die nächste Zerstörung eines Memes 1

CO2-kreislauf

Last Updated 15. Oktober 2020

Klimaleugner und -Skeptiker machen es sich einfach. Sie glauben sehr schnell einfachen Thesen.

Der erste Teil des Beitrags ist von SWR-Wissen. Man kann ihn auch hier nachlesen oder anhören. Im Zweiten Teil sind Informationen über den natürlichen Kohlenstoffkreislauf, nachzulesen auch hier.

Diesmal geht es um CO2 als Pflanzennahrung.

Diese These wird von Klimawandel-Skeptikern immer wieder bemüht. Sie findet sich auch im Parteiprogramm der AfD. Dort steht: Der Weltklimarat und die deutsche Regierung „unterschlagen die positive Wirkung des CO2 auf das Pflanzenwachstum und damit auf die Welternährung. Je mehr es davon in der Atmosphäre gibt, umso kräftiger fällt das Pflanzenwachstum aus“.Das klingt auf den ersten Blick plausibel: Pflanzen betreiben Photosynthese, sie verwandeln mithilfe von Sonnenlicht CO2 und Wasser zu Biomasse. Man kann also sagen: CO2 ist die „Hauptnahrung“ von Pflanzen – je mehr CO2 in der Luft, desto besser müssten sie also wachsen. Im Labor stimmt das auch, und dieser Effekt wird sogar genutzt. In Gewächshäusern reichert man manchmal die Luft mit CO2 an, so dass die Tomaten besser wachsen. Zusätzliches CO2 hat insofern tatsächlich einen „Düngeeffekt“.Es gibt auch eine vielbeachtete Studie, die 2016 zum Ergebnis kam: Der Globus ist insgesamt grüner geworden – die grünen Flächen haben weltweit zugenommen, und die Ursachen dafür liegen zu etwa zwei Dritteln in der erhöhten CO2-Konzentration der Atmosphäre. Auch das klingt wie ein Beweis für die „Dünge-Theorie“. Doch die Natur ist etwas komplizierter.

Der CO2-Düngeeffekt

Der CO2-Düngeeffekt wurde wissenschaftlich recht intensiv erforscht. Die wichtigsten Ergebnisse sind: Im Freiland ist er schon sehr viel schwächer als im Labor. Und es kommt sehr auf die Pflanze an. Bestimmte Pflanzen wie Mais oder Hirse können das zusätzliche CO2 gar nicht verarbeiten. Sie wachsen kein bisschen schneller. Andere Pflanzen wie Soja oder Weizen sehr wohl . Aber – auch das wurde gezeigt – das geht dann zulasten der Qualität, der schneller wachsenden Weizen enthält weniger Eiweiß. Ernährungsphysiologisch ist das schlecht. Insofern hat CO2, anders als die AfD schreibt, nicht unbedingt eine „positive Wirkung auf die Weltnährung“.

Aber es geht noch weiter: In tropischen Wäldern hat man festgestellt, dass bei einer erhöhten CO2-Konzentration Lianen schneller wachsen und dann andere Pflanzen verdrängen – Bäume zum Beispiel. Bäume sind aber wichtige Kohlenstoffspeicher. Und das zeigt schon, wie schwierig es ist, einfach zu sagen „Die grünen Flächen nehmen zu“. Wenn im Regenwald die Bilanz ist: Mehr Lianen, weniger Bäume, dann ist das kontraproduktiv, denn – obwohl ein lianenreicher Wald mehr grüne Blätter haben mag, speichert er dann trotzdem weniger Kohlenstoff.

Bei Bäumen ist das anders

Bei Bäumen hat man aber noch etwas ganz anderes beobachtet. Es gab Experimente, etwa in der Schweiz, da hat man natürliche Wälder einer erhöhten CO2 -Konzentration ausgesetzt, indem man durch die Kronen perforierte Schläuche gelegt hat, durch die CO2 austritt. Und das über Jahre. Das Ergebnis war: Der Stoffwechsel der Bäume hat sich zwar beschleunigt, sie sind aber trotzdem nicht schneller gewachsen. Die Erklärung war: Die Bäume haben zwar mehr Photosynthese betrieben, konnten also aus dem zusätzlichen CO2 mehr Zucker und Stärke bauen. Aber daraus wurde keine Pflanzenmasse, sondern die Stärke landete im Boden und wurde dort wieder von Mikroorganismen abgebaut. Anders gesagt: Wäre der Wald ein Unternehmen, könnte man sagen: Der Umsatz hat sich durch das zusätzliche CO2 zwar erhöht, der Gewinn dagegen stagnierte.

Und man darf eins nicht vergessen: Keine Pflanze lebt nur von CO2 alleine. Sie kann es nur dann verarbeiten, wenn auch andere Nährstoffe wie Phosphor und Stickstoff ausreichend vorhanden sind. Das ist aber oft nicht der Fall. Der Klimawandel führt in vielen Regionen auch zu verstärkter Trockenheit, und ohne Wasser nützt das zusätzliche CO2 den Pflanzen gar nichts. Im Gegenteil, sie geraten durch den Wassermangel noch eher in Stress. Fazit: Ja, es gibt einen Düngeeffekt durch CO2. Der ist aber kleiner als gedacht, und führt insgesamt eher zu einer veränderten Vegetationszusammensetzung. Und was die Welternähung betrifft: Hier werden die möglichen Wachstums-“Gewinne“ durch das zusätzliche CO2 durch die anderen Folgen des Klimawandels – unberechenbarere Wetterlagen, mehr Stürme, in vielen Regionen mehr Trockenheit usw. – mehr als zunichte gemacht.


CO2-kreislauf

Eigene Darstellung nach Norbert Noreiks, MPI-M; Daten nach IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, Figure 6.1

Teil 2

Kohlenstoffaustausch zwischen Atmosphäre, Landvegetation und Ozean in GtC pro Jahr sowie die Reservoire in GtC (Gigatonnen = Milliarden t; 1 t C entspricht 3,67 t CO2). Die grünen Pfeile und Werte zeigen die natürlichen Austausche und die blauen Werte die natürlichen Reservoire vor 1750 (vor Beginn der Industrialisierung). Die roten Pfeile und Werte zeigen die anthropogenen Flüsse in den 1200er Jahren, die roten Werte bei den Reservoiren die anthropogenen Veränderungen seit Beginn der Industrialisierung.

Der durch menschliche Aktivitäten in die Atmosphäre emittierte Kohlenstoff tritt in einen komplizierten natürlichen Kreislauf ein. Neben der Atmosphäre sind der Ozean und die Landbiosphäre die wichtigsten Kohlenstoffspeicher, die mit der Atmosphäre in einem aktiven Austausch stehen. Die Landvegetation enthält etwa drei Mal so viel Kohlenstoff wie die Atmosphäre, der Ozean etwa 50 Mal so viel.

1.1 Der natürliche Kreislauf

Das atmosphärische CO2 wird relativ schnell mit dem Ozean und den Land-Ökosystemen ausgetauscht. Das Verhältnis zwischen der Aufnahme von atmosphärischem CO2 und der Abgabe an die Atmosphäre durch diese beiden Reservoire bestimmt allgemein das Tempo der Zu- oder Abnahme von Kohlendioxid in der Atmosphäre. Landvegetation und Ozean sind für atmosphärisches Kohlendioxid sowohl Quellen wie Senken. Die Fähigkeit des Ozeans und der Ökosysteme auf dem Land, als Netto-Senken zu wirken, entscheidet darüber, wie viel von dem anthropogen emittierten Kohlendioxid in der Atmosphäre verbleibt. Während der letzten 10 000 Jahre vor 1750 war der Austausch zwischen Atmosphäre und Land sowie Atmosphäre und Ozean relativ ausgeglichen. Die natürlichen Austauschmengen betrugen zwischen Atmosphäre und Land 120 Gt C/Jahr (Gigatonnen Kohlenstoff pro Jahr) und zwischen Atmosphäre und Ozean 70 Gt C/Jahr. Das wesentlich größere, allerdings auch sehr langsam reagierende Reservoir des Ozeans steuert den atmosphärischen CO2-Gehalt der Atmosphäre über Zeiträume von Jahrhunderten und Jahrtausenden nachhaltiger als das Landreservoir.

1.2 Die anthropogene Störung

Durch anthropogene Emissionen sind die Austauschprozesse zwischen den drei Reservoiren merklich verändert worden. Dabei tauscht der Ozean von dem anthropogen emittierten Kohlenstoff etwa das Zehnfache der Menge mit der Atmosphäre aus, die zwischen Land und Atmosphäre ausgetauscht wird. Beide Reservoire sind z. Zt. eine Netto-Senke von anthropogenem Kohlenstoff. Die anthropogenen Störungen des natürlichen CO2-Kreislaufs resultieren aus zwei Haupt-Quellen:

  1. aus der Verbrennung fossiler Energie-Träger und
  2. aus Veränderungen der Landnutzung, vor allem der Entwaldung.

Von den anthropogenen Emissionen seit 1750 sind etwa die Hälfte in der Atmosphäre verblieben, den Rest haben der Ozean und die Landvegetation aufgenommen. Der Kohlenstoff-Gehalt der Atmosphäre hat durch anthropogene Emissionen seit Beginn der Industrialisierung um 240 GtC oder ca. 50 % zugenommen. Die Landvegetation hat 160 GtC akkumuliert, jedoch 180 GtC über den gesamten Zeitraum von 1750 bis 2011 durch veränderte Landnutzung verloren. In den letzten Jahrzehnten ist die Landvegetation jedoch durch vermehrte Photosynthese infolge des höheren CO2-Gehalts der Atmosphäre zu einer Kohlenstoff-Senke geworden. Eine wichtige Kohlenstoffsenke ist der Ozean über den gesamten Zeitraum gewesen. Sein Kohlenstoffgehalt hat sich seit 1750 insgesamt um 155 GtC erhöht.

Mit Beginn des neuen Jahrhunderts hat sich die Aufnahme von Kohlenstoff zu Lasten der Atmosphäre verschoben. Die Emission aus fossilen Energien ist zwischen den 1990er Jahren und 2002-2011 von 6,4 auf 8,3 GtC pro Jahr gestiegen. Davon hat die Atmosphäre in den 1990er Jahren jährlich 3,1 GtC, in den 2000er Jahren 4,3 GtC aufgenommen, der Ozean 2,2 und 2,4 GtC und die Landvegetation 1,1 und 1,6 GtC. [2]


Sonnige Grüße

Euer Klaus Müller

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