Die Ziele der Bundesregierung zum Klimaschutz können, beim jetzigen Ausbautempo der Energiewende, nicht erreicht werden. Aber immer noch heißt es, der Ausbau ginge zu schnell – Im Sinne des Klimaschutzes ist das gravierender ein Widerspruch. Zugleich ist es ein deutlicher Hinweis darauf, dass der Ausbau der Wende dringend beschleunigt werden muss!
Ausbauziele komplett verfehlt
Die Energiewende beinhaltet insgesamt drei Bereiche:
- Stromversorgung
- Wärmeversorgung
- Mobilität – Transport und Verkehr
Das Etappenziel bei der Stromwende bis 2020 wird nicht erreicht werden (siehe Runter von der Bremse) aber auch bei den beiden anderen versagt die Bundesregierung. Eine Million Elektroautos hatte die Klimakanzlerin Merkel als Ziel bis 2020 bei der Mobilitätswende versprochen. Der Koalitionsvertrag ist eindeutig. Sprachlich zwar sehr unsauber, aber inhaltlich klar heißt es dort: „Am Ziel, eine Million Elektroautos in allen unterschiedlichen Varianten für Deutschlands Straßen bis zum Jahr 2020, wollen wir festhalten.“ Das schrieben Union und SPD 2013.
Laut dem Statistikportal Istda hat sich die Anzahl der Elektroautos seit 2013 mehr als verdoppelt. Sie liegt heute (Juni/2015) aber erst bei knapp 19.000 Stück (25.000 Stück mit Hybridfahrzeugen). Das eigentichen Ausbauziel ist damit meilenweit entfernt. Es fehlen um die 981.000 Stück! Das kann man schlichtweg als Totalversagen auf ganzer Linie bezeichnen! Auch wenn die Regierung aktuell gerade den Willen zur Nachbesserung äußert, scheint das kaum möglich zu sein.
Aber auch bei der Wärmeversorgung scheint sich ein ähnliches Dilemma anzubahnen worüber wir extra berichten werden.
Im öffentlichen Bewusstsein spiegelt sich die Wende aber nur im Strombereich wieder. Hinter den Kulissen tobt aber ein unerbittlicher Kampf, über den nicht berichtet wird.
Die Energiewende in den Medien
Schlimm daran: Die Medien scheinen nicht in der Lage zu sein, eine faire, sachliche und unvoreingenommene Berichterstattung über die Energiewende zu gewährleisten. Gute Berichterstattung braucht Recherche und das Thema ist kompliziert. Bei der heutigen finanziellen Situation der Medien (Praktikantenjournalismus) scheint das kaum noch leistbar zu sein. Gern greift man da auf vorgefertigte Berichte, die die Energie-Lobby kostenlos zur Verfügung stellt, zurück und durchblickt die Halbwahrheiten, Verdrehungen und glatten Lügen, die man da weiterreicht, nicht. Das aber ist der Ausverkauf der Demokratie.
Zugegeben, das Thema ist nicht einfach und schon auf der technischen Ebene aufwendig zu erklären. Es wird zusätzlich erschwert durch die komplizierte technokratische Fachsprache.
Egal wie es ist – nur selten dringen gut recherchierte Berichte an die Öffentlichkeit aber die versanden auch gleich wegen des anhaltenden Trommelfeuers an Negativschlagzeilen über die Energiewende. Was haben wir nicht alles an Schlagzeilen und Schlagworten in den letzten Jahren gehört:
Netze fehlen – der Netzausbau kostet zu viel – Verspargelung der Landschaft – wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht gehen die Lichter aus – Speicherung noch lange nicht möglich – die Energiewende wird zu teuer – Solarenergie kostet zu viel und bringt zu wenig – usw.
Die Liste ist sehr lang und gerade deshalb muss die Öffentlichkeit glauben, dass da doch etwas dran sein muss. Diese Negativschlagzeilen versetzten die Politik in Zugzwang und der führte dazu, das innerhalb der letzten drei Jahre der größte Teil der deutschen Solarbranche in die Pleite getrieben wurde (nein, es waren nicht die Chinesen, die das bewirkt haben, die dienten nur als Ausrede).
Ein neues Schlagwort machte dann auch noch die Runde, das von der gierigen Solarlobby.
War die Solarlobby gierig oder unfähig?
Jede Branche hat doch eine Lobby, dann auch die Solarbranche. Tina Ternus schrieb auf Ihrer Internetseite dazu folgendes: „Mit Verlaub: Es ist albern, in Anbetracht von 40.000 verloren gegangenen Arbeitsplätzen in 2 Jahren, tagtäglichen Insolvenzen, unzähligen EEG-Veränderungen in wenigen Jahren, dauerhaften medialen Angriffen gegen die Branche, stetigen Verschlechterungen der Rahmenbedingungen, sowie einem aktuellen Marktzusammenbruch von 50% von einer„ rein profitorientierten Solarlobby“ zu sprechen.“ Zitat Ende.
In der Tat hat die Solarbranche einen Zusammenschluss, den BSW. Der allerdings hat derzeit mit geschrumpften Mitgliederzahlen zu kämpfen (kein Wunder, wenn es kaum noch Hersteller gibt) und kann sich um Lobbyarbeit nicht kümmern. In der Vergangenheit hat er das aber auch nicht getan, zumindest nicht in dem Sinne, wie man deutsche und europäische Lobbyarbeit kennen.
Wie Lobbyarbeit in Deutschland richtig geht
Was Lobbyarbeit ist, zeigt die am 10. September 2012 ausgestrahlte Sendung des WDR: Die Einflüsterer – Wie Geld Politik macht, im Rahmen des Monitor-Dossiers Lobbyismus, das 2006 begonnen wurde. In Anbetracht der Tatsache, dass in Berlin über 5.000 Lobbyisten und in Brüssel über 20.000 Lobbyisten täglich sowohl offen, als auch verdeckt Einfluss nehmen, ist das zweifelsohne ein Thema, das nicht an Aktualität verliert. Zu Beginn der Sendung heißt es: „Politik muss beeinflusst werden. Das ist nicht verwerflich, denn nur so können gute Entscheidungen entstehen, beim Streit über den besten Weg. Wenn aber das Geld darüber bestimmt, wer am Ende gehört wird, dann ist das der Ausverkauf der Demokratie.“ Zitat Ende
Der BWS aber hatte wohl kein Geld und keine Zeit sich um diese Form der Lobbyarbeit zu kümmern. Ein anderer Grund ist schlichtweg Naivität. Man zählte sich zu den „Guten“ und hat völlig unterschätzt, dass Politik kaufbar ist und nur solange auf Seiten der Solarenergie stehen würde wie die Öffentlichkeit das unterstützt.
Die Energieexpertin Claudia Kemfert (DIW), die u.a. im Wahlkampfteam von Norbert Röttgen Landeswahlkampf des Energiewirtschafts-Landes NRW interne Einblicke bekam, greift im Vorwort ihres Buchs „Kampf um Strom“ den Satz vom Geld und dem Ausverkauf der Demokratie ebenfalls auf und beschreibt ein Ungleichgewicht zwischen Gegnern und Befürwortern der Bürgerenergiewende und kommt zu dem Schluss: „Die Gegner der Energiewende sind eine geldmächtige Lobby. Sie sind dadurch lauter und einflussreicher als die Lobby ihrer Befürworter. In ihrem zunehmenden Erfolg sehe ich eine Gefahr – und einen wesentlichen Grund, dieses Buch zu schreiben.“
Wie man die öffentliche Meinung dreht.
Vom Hoffnungsträger zum Sündenbock
Die Energiewende war bis Ende der 2000er Jahre eine Erfolgsgeschichte. Sie hatte ein gutes Image in der Bevölkerung, war offen, ehrlich und durchschaubar und sie war kostengünstig und belastete die Geldbeutel der Privathaushalte kaum.
Ab 2009 änderte sich das. Es war der Zeitpunkt wo die großen Energieversorger offensichtlich begriffen, dass Sonne und Wind eine ernstzunehmende Konkurrenz darstellen und immer schneller wachsen würden, weil z.B. die Photovoltaik mit jedem Jahr günstiger wurde und absehbar war, dass die Preise dieser Anlagen in wenigen Jahren ihre kalkulierten Strompreise unterbieten können.
Von da ab begann eine beispiellose Öffentlichkeitskampagne von Halbwahrheiten Lügen und Verdrehungen und das Ansehen der Erneuerbaren Energien in der Bevölkerung änderte sich zusehends.
Was war geschehen. Ständig hörte man jetzt von steigenden Strompreisen, die durch den überbordenden Ausbau von Photovoltaikanlagen begründet wäre. Schuld sei die viel zu hohe Bezuschussung dieser Anlagen. Argumente wie: „Wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint gehen die Lichter aus.“, machten die Runde und es begann eine zügellose Herumdrescherei auf die Erneuerbaren. Sie gerieten vom Hoffnungsträger zum Sündenbock, wie Tina Ternus in einem sehr bemerkenswerten Artikel schrieb.
Dann im Jahr 2012 war der Moment gekommen vor dem sich die Energieversorger fürchteten: Die Preise für Photovoltaik sanken auf das Niveau der Haushaltsstrompreise und nun sind sie sogar noch viel weiter gesunken! Ein riesiges Dilemma für die Großen der Energiebranche.
Heutige PV-Anlagen können den Strom für ca. 15 ct. pro Kilowattstunde herstellen, um die Hälfte billiger als die Kosten vom Haushaltsstrom mit ca. 29 ct. pro kWh.
Trotz bester Voraussetzungen geht die Photovoltaik den Bach runter
Wie aber die Entwicklung der Photovoltaik bisher aussieht, zeigt diese Grafik:
Für das Jahr 2015 erwarten Experten nochmals einen Rückgang auf 1,0 GigaWatt.
Das wissen nur Wenige, denn die obige Öffentlichkeitskampagne hat das in unsere Köpfe nicht eindringen lassen. Statt dessen glauben wir Photovoltaik lohnt nicht mehr, weil es keine Zuschüsse mehr gäbe. Sagen Sie es weiter. Nur so können wir die Energiewende rocken!
Weiter mit: Die Energiewende – es gäbe jede Menge Gründe zum Feiern