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Runter von der Bremse


Wenn wir über unsere Autobahnen fahren sind wir uns meist nicht bewusst, dass wir damit eine großartige volkswirtschaftliche Errungenschaft nutzen. Es ist selbstverständlich, dass die Benutzung nichts kostet. In anderen Ländern zahlt man dafür eine Nutzungsgebühr. Wir alle haben mit unseren Steuern diese Infrastruktur geschaffen und können sie nun unentgeltlich nutzen.

Die Energiewende ist ein ähnliches Infrastrukturprojekt. Auch hier bauen wir alle eine Infrastruktur auf und bezahlen sie durch den Obolus auf unserer Stromrechnung. Damit entstanden Solaranlagen, Windräder und Biomasseanlagen. Aber auch die Fabrikhallen, das notwendige Knowhow, alles das wäre nicht möglich gewesen, hätten wir unseren Obolus nicht gezahlt.

Irgend jemand hat einmal gesagt, die Energiewende ist für die Menschheit ein ähnlich großes Unterfangen wie der Mondflug.

Und auf der Internetseite von www.energie-winde.de findet man die Überschrift:

Geschenk an die Welt

Da heißt es dann: „Bewunderung und Schadenfreude, Erfolg oder Misserfolg: Kein industriepolitisches Vorhaben wird im Ausland so aufmerksam beobachtet wie die Energiewende. Gelingt sie, hat Deutschland auch die Welt ein bisschen gerettet.“

Aber die Energiewende droht abzusaufen

copyright: sfv/mester

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Von unseren Politikern und Medien hören wir in letzter Zeit nur Negatives. Die Energiewende wird zu teuer, treibt die Strompreise in die Höhe und ähnliches. Wenn man die Hintergründe kennt, weiß man, dass das nicht stimmt und sogar das Gegenteil der Fall ist. Aber die Meldungen sind nicht  ungewöhnlich, denn dahinter  versteckt sich eine ganz andere Wahrheit, wie man im ersten Moment denkt.

Claudia Kemfert leitet die Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und sie sagt: „Deutschland hatte sich beim Klimaschutz einmal selbst ambitionierte Ziele gesetzt: Um 40 Prozent sollte der Ausstoß von Treibhausgasen vermindert werden und zwar bis zum Jahr 2020. Nur leider wird dies kaum gelingen. Im Moment ist ohnehin anderes wichtiger. Außenpolitik zum Beispiel. Konflikte mit Russland und dem Mittleren Osten. Dabei hat die

© Roland Horn

© Roland Horn

Energiepolitik viel mit den Konflikten in der Welt zu tun. Genau deswegen wird darüber spekuliert, wie viel der aktuell extrem niedrige Ölpreis auf politische Einflussnahme zurückzuführen ist – und nicht allein eine „normale“ Schwankung von Angebot und Nachfrage. Zügiges Handeln beim Thema Klimaschutz schlüge quasi zwei Fliegen mit einer Klappe: Wirtschaftswachstum und Weltfrieden. Die Lösung heißt Energiewende. Das war mal ein großes Anliegen in Deutschland und hätte auch eines in Europa werden sollen, sogar weltweit. Es war mal das wichtigste Projekt der aktuellen Bundesregierung. Gerade ist es aus dem Blickfeld geraten. Die selbstgesteckten Klimaziele werden nicht erfüllt.  … Aktuell haben innovative Geschäftsmodelle keine Möglichkeit zu überleben, die genau diesem zukunftsträchtigen System genügen würden. Die Konkurrenz des künstlich am Leben erhaltenen Alt-Systems ist zu stark. Im Kampf alt gegen neu gewinnen derzeit solche, die keine Zukunft haben. Die Lobbyisten der Vergangenheit beherrschen den öffentlichen Diskurs.“

hermann_scheerHermann Scheereiner der „Vordenker der Energiewende, der mit 66 Jahren leider viel zu früh verstarb, nannte die Energiewende die vierte Revolution – später trug ein Film über die Energiewende diesen Titel. Die vierte Revolution, trifft als Beschreibung für diesen Infrastrukturwandel besser zu und bringt uns näher an das, worum es wirklich geht und was hinter den Kulissen geschieht.

Die Energiewende ist kein leichter Spaziergang, was aber keinesfalls daran liegt, dass sie wirtschaftlich oder technologisch nicht zu schaffen wäre (Wirtschaft und Technik sind in der Realität sogar längst weiter als man uns gerade glauben machen will).

Nein, es geht einzig und allein um ein Dilemma, vor dessen offener Diskussion sich fast alle Politiker drücken und die Hersteller der alten Energie erst recht. Denn es gibt ein sehr großes Problem: Für die alten Protagonisten (Stromproduzenten) kann es keine Win-Win-Situation mehr geben! Egal wie lange sie die Energiewende noch hinauszögern, die Aussicht alte Pfründe erhalten zu können schwindet immer mehr.  Der Grund liegt darin, dass Erneuerbare Energien dezentral sind und sich deshalb für monopolistische Strukturen nicht eignen. Zwar bemüht sich die Politik hinter den Kulissen einen Ausgleich zu schaffen z.B. mit der Genehmigung neuer Kohlekraftwerke und spielt dabei auf Zeit. Damit  bremst sie die Energiewende aus, aber damit hilft sie keinem. Die Großen suchen verzweifelt nach Lösungen aber alles was man unternimmt läuft immer auf das Gleiche hinaus: Die Technik lässt sich nicht aufhalten. Auch wenn wir wie bei der Produktion von Solarmodulen sie aus unserem Land raus werfen, die Erneuerbaren werden sich durchsetzen, denn wenn man sich die Energie selbst wesentlich billiger herstellen kann, als es die Großen Energieversorger tun, dann wird man es nicht verhindern können, dass immer mehr Menschen davon Gebrauch machen.

Was heißt das alles? Das Dilemma für herkömmlichen Stromerzeuger und Politik liegt darin, dass wir mit den Erneuerbaren Energien eine Technik geschaffen haben, die sich komplett von den herkömmlichen Stromerzeugungsstrukturen unterscheidet. Sie passt weder wirtschaftlich noch von der Besitzstruktur her zu den alten Energien, was sich übrigens überall auf der Welt gleich darstellt.

Erneuerbare Energien unterscheiden sich vor allem in zwei Dingen gravierend von der konventionellen Stromerzeugung:

  • Erneuerbare sind dezentral und funktionieren schon in ganz kleinen Einheiten, wenn man will sogar als Inselanlage, also ohne an ein Stromnetz angeschlossen zu sein. Über das Netz zusammengeschlossen, können viele kleine Anlagen riesige Kraftwerke ersetzen. Weil sie inzwischen so billig sind (auch bei Kleinanlagen), ist der Standort nicht mehr ausschlaggebend. Sie können also immer nah am Verbraucher eingesetzt werden, was uns die Kosten für Stromtrassen ersparen wird (die Politik beschreitet da gerade einen Irrweg, der dringend korrigiert werden muss).

  • Auch konventionelle Energieerzeuger müssen ihre Kraftwerke nach einer bestimmten Laufzeit wieder erneuern. Sie haben aber im Gegensatz zu den Erneuerbaren einen Nachteil. Sie haben für die Brennstoffbeschaffung zu sorgen und müssen bei begrenzten Ressourcen natürlich mit ständig steigenden Preisen kalkulieren. Energieverknappung wiederum zieht Verteilungskämpfe nach sich (einige Dritte-Welt-Länder können die Energie, die sie brauchen heute schon nicht bezahlen). Das macht die Energieversorgung durch fossile Energien unsicher und führte auch in der Vergangenheit schon zu Kriegen. Nicht so bei den Erneuerbaren. Bei ihnen gibt es nur den Aufbau und nach vielen Jahren (wie bei den Konventionellen) auch, den Austausch der Energieerzeuger durch noch effektivere Technik. Allerdings handelt es sich, im Gegensatz zu Kohle- oder Kernkraftwerken, dann um Massenprodukte, die im Weltmarkt um die Kundschaft buhlen und laufend billiger werden. Wir kennen das von Handys und Computern. Der spätere Austausch wird wesentlich billiger sein, man bekommt für weniger Geld wesentlich mehr Leistung! Bei Handys gibt es eine Flatrate. Denkbar ist das für Strom auch, denn die Energie ist dann einfach da. Sie braucht dann nicht mehr nach Kilowattstunden abgerechnet werden, man verbraucht sie einfach. Damit wäre sie keine Ware mehr wie wir sie im heutigen Sinn verstehen.

Damit ist klar wohin die Reise für beide Energieformen geht: Die eine wird immer teurer und die andere immer billiger!

copyright: sfv / mester

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Das ist der eigentliche Konflikt über den aber nicht berichtet wird und statt dessen eine völlig irrationale Debatte geführt wird mit jeder Menge Halbwahrheiten, Abstrusitäten, Verdrehungen und Lügen. Für Wissende hat das medial keinen Unterhaltungswert mehr.

Klar wird nun auch warum wir keine Erfolgsmeldungen über die Erneuerbaren mehr hören.

Es gibt aber jede Menge davon. Hier ist nur eine:

Zur Zeit haben wir ca. 28% Erneuerbaren Strom im deutschen Netz! Ein Großteil davon aus Wind, Sonnen und Biomasse. Davon stammen 95 % aus Anlagen die nicht im Besitz der großen Energieversorger sind. Die großen Energieversorger haben sich bisher nur mit 5% in der Energiewende engagiert, machen nun aber großartig Werbung, als hätten sie die Techniken hierfür erfunden und von Anfang an befürwortet.

Hinter den 95% aber verbergen sich weit mehr als eine Million PV-Anlagen- und Windkraft-Anlagenbesitzer die die Energiewende bisher voran gebracht haben. Sie sind von den Energieversorgern von Anfang an bekämpft worden und trotzdem werden es immer mehr! So in etwa sieht die reale Situation bei der Stromerzeugung in Deutschland aus!

Klar, dass es den alten Strommonopolisten nicht passt was da geschieht. Zu Anfang der Wende haben sie die Entwicklungsmöglichkeiten der Erneuerbaren völlig unterschätzt und großmäulig abgetan. Damit haben sie den rechtzeitigen eigenen Einstieg verschlafen. Nun versucht man Zeit zu gewinnen, die Öffentlichkeit hinter die Fichte zu führen und die Politik gefügig zu machen um zu retten was noch zu retten ist. Sie befinden sich aber in einer Situation, vergleichbar mit den alten Wagenbauern, die nach wie vor auf Pferdedroschken setzen zu Zeiten wo Daimler und Ford bereits ihre Fabriken aufbauten. Dummerweise spricht sich das auch nach und nach an den Börsen herum. Die großen Energieversorger machen inzwischen Verluste wegen eklatanten Managementfehlern und hoffen nun auf Hilfe vom Staat, also von uns. Auch die Entsorgungskosten für die Atommeiler und den Atommüll will man an uns abschieben.

Weil die Energiewende ein langfristiges Projekt ist und wir sie alle bezahlen, brauchen wir dringend eine offene Debatte, sonst zahlen wir mehr als tatsächlich nötig und das haben wir in den letzten Jahren schon getan. Wir dürfen das nicht den kurzfristigen Interessen der Politik überlassen. Die Energiewende hat in der Bevölkerung immer noch eine enorme Zustimmung. Es wird zwar offensiv daran gearbeitet diese Zustimmung zu senken aber am Ende wird das alles nicht aufgehen, denn die technische Entwicklung lässt sich nicht zurückdrehen und die Nachfrage wächst: Weltweit!

Hier geht ’s zu zweiten Teil