Das EEG-Paradoxon oder warum steigt der Strompreis?
#eegParadoxon – Haben Sie davon schon einmal vom EEG-Paradoxon gehört? Ich vermute nein. Das EEG-Paradoxon ist nahezu unbekannt. Was Sie aber sicher gehört haben und vermutlich bis zum Abwinken: Die Strompreise steigen! Und vielleicht haben sie auch paradoxerweise gehört, die Strompreise sinken an der Strombörse. Dass Strompreise steigen, kannten wir auch schon bevor es Erneuerbare Energien gab. Aber, dass Strompreise so heftig steigen, das kann nur mit den Erneuerbaren Energien zu tun haben. Sonne und Wind sind eben noch zu teuer. Das hat man überall verbreitet und mit dieser Erklärung könnten wir jetzt zur Tagesordnung übergehen und alles ist ok. Nein, nichts ist OK und schon gar nicht die obige Aussage! Die ist völlig falsch und bedarf einiger Erklärung. In Wirklichkeit gab es einige Manipulationen bei der Strompreisgestaltung die wir versuchen wollen hier aufzuklären.
Fangen wir der Reihe nach an.
Weil Solar- und Windenergie anfangs sehr teuer war musste man sie subventionieren. Das geschah mit der EEG-Umlage, die wir alle auf unseren Stromrechnungen finden. Die diente dazu, Bürger zu ermutigen sich eine Windrad (meist genossenschaftlich) oder eine Photovoltaikanlage anzuschaffen. Sie bekamen für den Strom den sie aus ihren Anlagen erzeugten eine Vergütung, die EEG-Vergütung. Weil die Techniken immer billiger wurden, sank die EEG-Vergütung auch Jahr für Jahr. Das war ja auch der Zweck der Veranstaltung Anlagen so billig zu machen, dass sie später keine Förderung mehr benötigen, was heute (Anfang 2018 fast schon gelungen ist). Das EEG-Paradoxon ist allerdings nicht leicht zu verstehen. Es ist durch die Zwangsvermarktung des Stroms aus Erneuerbaren Energien an der Strombörse, die in 2010 in Kraft trat erst entstanden. Mit „Börse“ ist der Spotmarkt der Strombörse gemeint. Es werden dort ausschließlich Strommarktkontrakte gehandelt, die noch am selben bzw. am nächsten Tag geliefert werden. Es ist der Kurzzeithandel (Intraday- bzw. Day-Ahead-Handel) dieser Börse. Dieser Handel betrifft auch die Lieferung in europäische Nachbarländer. Natürlich werden auch langfristige Stromlieferverträge an der Börse gehandelt. Aber das geschieht an einem anderen Marktplatz dem Terminmarkt. Dort kommen langfristige Lieferverträge zustande mit einer Laufzeit von bis zu mehreren Jahren. Das hat aber keinen direkten Einfluss auf das Paradoxon.
Seit 2010
Seit 2010 trifft der EE-Strom in diesem Markt auf und damit tritt er sofort in direkte Konkurrenz zu konventionellem Strom. Durch einen gesetzlichen Beschluss, der seit den 90er Jahren schon gilt, hat EE-Strom Vorrang. Das heißt, Strom aus Sonne und Wind darf nicht ausgeschlossen oder abgeregelt werden. Im Gegenzug sollen aber konventionelle Kraftwerke herunter geregelt werden. Eigentlich sollte das kein Problem sein, aber man täuschte sich. Vermutlich hatte man sich der Hoffnung hingegeben hatte, dass da nicht so viel Erneuerbarer Strom kommen würde und die Abschaltungs- und Drosselungsskapazitäten von Kohle- und Atomkraftwerken (die kann man tatsächlich in ihrer Leistung drosseln) groß genug sein würden, um bei einer steifen Brise oder viel PV oder beidem, die konventionelle Erzeugung dann ausreichend herunter fahren zu können. Vor allem setzte man auch auf Gaskraftwerke die man im Gegensatz zu Kohle und Atom tatsächlich sehr schnell ganz herunterfahren kann, so dass sie überhaupt keinen Strom mehr erzeugen. Im ersten Jahr funktionierte das noch recht gut, mit der Zeit aber immer schlechter, weil immer mehr EE-Strom erzeugt wurde (steigender Zubau von Wind- und Sonnenenergie). Damit wurden Situationen immer häufiger, in denen einfach mehr Strom erzeugt wurde als bei den konventionellen Kraftwerken abgeregelt werden konnte. Das hatte dann eine massive Überschussstromproduktion zum Ergebnis.
Was passiert nun mit den Strompreisen an der Börse?
Ein zu hohes Stromaufkommen drückt immer auf den Börsenpreis, weil der Strom dann kaum noch verkauft werden kann. Die Nachfrage fehlt und man bietet den Strom dann billiger und noch billiger an, bis jemand kauft. Nun musst man sich einfach nur noch die ständig steigenden Zubau- oder aber auch die Erzeugungskurven der Erneuerbaren Energien der letzten 5 Jahre vor Augen halten, dann wird klar: Mehr EE-Strom bedeutet einen sinkenden Börsenpreis bis hin, dass zu manchen Tagen und Stunden an denen der Strom tatsächlich verschenkt werden muss oder sogar noch zugezahlt wird, damit ihn überhaupt jemand abnimmt. Diese Tage und Stunden im Jahr wurden immer mehr. Allerdings nicht so, wie das von einigen Seiten gern dargestellt wird. Damit Sie jetzt nicht auf die falsche Fährte geraten, keine Angst, Deutschland hat einen Stromhandelsexportüberschuss. Wir exportieren viel Strom weil wir mehr erzeugen als wir verbrauchen und wir machen dabei riesige Gewinne. Dass, obwohl Strom in besagten, aber eben wenigen Stunden, tatsächlich auch Strom verschenkt wird. Man versteht das erst, wenn man sich klar macht, dass in den wenigen Stunden im Jahr an denen der Strompreis am Spotmarkt sinkt. Damit ist lange nicht der ganze Stromhandel von diesem Preis betroffen, sondern nur eine begrenzte, überschüssige Menge, die verschenkt wird.
Bildschlagzeile – völliger Blödsinn
Wir stellen also fest: Der Bildschlagzeile Irrsinn! Deutschland verschenkt Strom ins Ausland … und wir kaufen ihn für teures Geld zurück, fehlt es an jeglicher Substanz und ihr steht der seriöse Bericht vom Fraunhofer-Institut entgegen:
Deutsche Stromexporte erlösten im Saldo Rekordwert von über 2 Milliarden Euro
Das ist aber nicht die eigentliche Geschichte, sondern es ist nur ein kleiner Teil, allerdings ein wichtiger. Der gehört zu einer einer groß angelegten PR-Kampagne, die wir an anderer Stelle durchleuchten. Seit 2010 hat sich nun der Durchschnittspreis am Spotmarkt der Strombörse halbiert. Er ist von 5 bis 6 ct/kWh auf annähernd 3 bis 2,5 ct. gefallen. Das ist für die Erneuerbaren Energien schlecht, denn die finanzieren sich ja über die Preiserlöse aus dem Stromhandel. Nun wird aber klar, dass diese Finanzierung lange nicht reicht. Sie muss über die EEG-Umlage, die alle Privathaushalte und mittelständischen Unternehmen zahlen, ausgeglichen werden. Große Stromverbraucher (Industrie) werden mit der EEG-Umlage allerdings nicht belastet oder sind teilweise befreit. Das EEG-Praradoxon beschreibt also, dass die EEG-Umlage deshalb steigen muss, weil für den EE-Strom immer dann geringere Preise an der Börse erzielt wenn er erzeugt wird. Wird wenig erzeugt haben wir höhere Preise weil nicht soviel Überangebot ist, wird viel erzeugt (viel Sonne, viel Wind) ist das Überangebot groß und man verschleudert den Strom an der Börse sozusagen. Der erzeugte EE-Strom muss die seine Vergütung die an die Betreiber Betreiber gezahlt wird also an der Börse erwirtschaften. Dafür gibt es das EEG-Konto wo alle Einnahmen und Ausgaben erfolgen. Wenn sich das EEG-Konto nicht vernünftig füllt wegen des zu geringen Börsenstrompreises, zahlt der Verbraucher eine immer weiter ansteigende EEG-Umlage.
Gaskraftwerke werden unrentabel
Nebenher sorgte das Ganze Geschehen natürlich auch noch dafür, dass Gaskraftwerke immer unrentabler wurden. Sie kämen erst mit einem Strompreis von 5 bis 6 ct pro kWh ausreichend zurecht. Weil das aber immer seltener gegeben ist, wurden einige einfach ganzjährig abgeschaltet und stillgelegt. Neue Gaskraftwerke gehen gar nicht erst in Betrieb. Diese wichtigen schnellabschaltbaren Stromerzeuger fehlen also in der Masse. Besser wäre es wenn vor allem Braunkohlekraftwerke stillgelegt worden wären statt der Gaskraftwerke. Gaskraftwerke können viel besser auf die fluktuierende Energie aus Wind und Sonne reagieren und notfalls ganz ausgeschaltet werden oder aber auch sehr schnell wieder auf 100% Leistung hochgefahren werden. Was also wird weiterhin passieren? Sehr einfach – die EEG-Umlage wird weiter steigen. Man muss nur etwas mehr EE-Strom erzeugen. Damit arbeitet jede zusätzliche erneuerbare Kilowattstunde gegen die Verbreitung von Wind- und Solaranlagen, denn damit steigen die Strompreise. Und damit hat man einen hervorragenden Grund geschaffen, den Erneuerbaren die Schuld zuzuweisen. Das ist der eigentliche Grund mit dem der derzeitige radikale Energiewende-Brems-Kurs der Regierung eingeleitet wurde. Minister Altmaier begründete damit seine Strompreisbremse, die ja bekanntlich dann gar nicht funktionierte und lediglich als Grund herhalten sollte einen radikalen Zubaustopp und eine Verringerung auf sehr niedrigem Niveau einzuleiten.
Nicht naturgegeben
Viele sehen diesen Mechanismus nun als etwas Natürliches an. Er wurde aber von Menschen gemacht. Man kann ihn also wieder ändern. Und wenn wir schon mal dabei sind, nicht von irgendwelchen Menschen zu reden, dann sollten wir von den Leuten vom BDEW reden. Das ist die Dachorganisation der alten Energieversorger. Und ja, ihnen war sehr wohl klar was sie da machten. Dahinter steckte ein Plan. Man hatte das sehr wohl richtig eingeschätzt und nicht wie oben beschrieben unterschätzt. Dazu gleich mehr. Das ganze ist also nicht gottgegeben und es wären jede Menge Alternativen denk- und machbar. Die hätten dann alle den Vorteil, dass bei einem weiter (stark) ansteigenden Zubau von Solar- und Windstrom eine wesentlich geringere EEG-Umlage notwendig wäre. Diese Einsicht soll aber verhindert werden. Sonst hätten die alten Konzerne es plötzlich sehr schwer, das zu begründen, was sie tun: die Energiewende soweit wie möglich nach hinten zu verschieben und auszubremsen. Eine Änderung dazu bleibt außer Sichtweite, wenn wir weiterhin der Politik und den Medien vertrauen. Es muss gelingen ein neues Strommarktdesign kreieren.
Hier ein Bericht aus Faacebook von Heiko Hofmann (danke dafür):
Das EEG-Paradoxon ist Einigen mittlerweile bekannt. Weniger bekannt ist, wer es quasi erfunden hat oder zumindest dafür gesorgt hat, daß es zu einem Paradoxon kam und die Verbraucher für billigen (Industrie-/Börsen)Strom (!) extra zahlen müssen, auf den sie keinen Zugriff haben. Das war maßgeblich jene Partei, die sich heute frech hinstellt und immerzu die Abschaffung des EEG fordert, die Energiewende verteufelt, Windkraft ablehnt und – nach wie vor – der unwirtschaftlichen Atomkraft huldigt. Nein, nicht die Clownspartei AfD ist gemeint, sondern die FDP, Stichwort „AusglMechV“. DAS sollte man immerzu ebenfalls im Zusammenhang mit dem EEG-Paradoxon erwähnen. (die Quelle ist unten angegeben) „… Bis 2009 gab es noch den alten Wälzungsmechanismus, die EEG-Umlage stieg analog den EEG-Auszahlungen an die Anlagenbetreiber“
„… Im März 2009 stellte die damals oppositionelle FDP eine kleine Anfrage an die Bundesregierung zur „Novelllierung des EEG-Wälzungsmechanismus“, wodurch das Thema in den parlamentarischen Prozess kam. Bereits im Mai 2009 legte die damalige große Koalition die „Verordnung zur Weiterentwicklung des bundesweiten Ausgleichsmechanismus des EEG“ vor. Das begrüßte der BNE sofort. Am 2. Juli 2009, wenige Tage vor der Sommerpause stimmte auch der Bundestag dem Verordnungsentwurf zu. Eine Diskussion fand nicht statt.“
Die Folgen dieses Beschlusses
„… Die Folgen dieses Beschlusses waren fatal für den Verbraucher, wurden aber in der Öffentlichkeit bis zum heutigen Tag überhaupt nicht wahrgenommen oder diskutiert. Lediglich Professor Jarras warnte bereits Oktober 2009 vor einer stark steigenden EEG-Umlage: „Neuer EEG-Ausgleichsmechanismus kann den Ausbau der Erneuerbaren Energien gefährden! Inwieweit und in welchen Mengen EEG-Strom tatsächlich auch verbraucht wird, ist nicht mehr zwingend und detailliert gesetzlich vorgegeben, sondern hängt zukünftig von Entscheidungen der Energieversorgungsunternehmen, von Gesetzesauslegungen und von Börsenpreisentwicklungen ab.“(Energiewirtschaftliche Tagesfragen, Heft 10, 2009)
Der Sprung ab 2009 ist deutlich. Die EEG-Umlage ist von 2009 zu 2010 um 70 Prozent gestiegen, es wurde erstmals die neue Berechnungsmethode durchgeführt
Von 2010 zu 2011 stieg die EEG-Umlage nochmals um etwas mehr als 70 Prozent und auch die darauffolgenden Jahre weiterhin kräftig – trotz weitgehender Stagnation der Auszahlungen an die Anlagenbetreiber.
Kann nicht funktionieren
Mit der AusglMechV wurde der Spotmarktpreis der Strombörse als Rechenbasis zur Berechnung der EEG-Umlage vorgegeben und Erneuerbare verpflichtet, vollständig am Spotmarkt verkauft werden zu müssen. Erneuerbare Energien, die naturgemäß keine Brennstoff- und keine CO2-Kosten haben, müssen vollständig und im Vergleich zum gesamten Strommarkt in überproportionaler Menge an einem System der konventionellen Energiewirtschaft verkauft werden, das sich ausgerechnet an Brennstoffkosten und CO2-Kosten orientiert! Erneuerbare Energien wurden durch diese Änderung automatisch wertlos und müssen seitdem per Dekret verramscht werden.
Damit wurde ab 2010 ein Refinanzierungsinstrument für die eigentlichen EEG-Ausgaben geschaffen, das von vornherein überhaupt nicht funktionieren KANN! Die entstehende und durch den Merit-Order-Effekt immer größer werdende Deckungslücke muss in Form der EEG-Umlage ausgeglichen werden. Je mehr Erneuerbare Energien hinzukommen, umso stärker sinkt der Börsenpreis, umso stärker steigt die EEG-Umlage = EEG-Paradoxon. Seit Umsetzung dieses Irrsinns rast die EEG-Umlage in den Himmel, obwohl die eigentlichen EEG-Kosten (Auszahlungen an die Anlagenbetreiber) bereits stagnieren. Der Anstieg der EEG-Umlage wurde nochmals zusätzlich angetrieben durch die Ausweitung der Industrieprivilegien.“ https://www.photovoltaikbuero.de/pv-buero-blog/preistreiber-eeg-paradoxon/
Weiterführende Links: Vortrag Tina Ternus Ein Blick hinter die Kulissen – die professionellen Kampagnen gegen die Energiewende
Die große Stromlüge – Stromarmut in Europa und die Konzernmanager
Parolen gegen die Energiewende Das Verliererspiel – Nachhilfe für Politiker und Medien Die EEG-Trickserei Preistreiber EEG-Paradoxon Power to the People – Vortrag Hermann Scheer
Sonnige Grüße
Klaus Müller
Energiewende-Rocken