Last Updated 13. Februar 2024
Veröffentlicht 20.30.2023
Freunde und Feinde der Energiewende
Zur Erinnerung und Einordnung der Energiewende. Die Energiewende ist der größte Hebel den CO2-Ausstoß zu senken.
Die Energiewende – sehen wir es realistisch
Die Energiewende ist ein simpler Technikwechsel, weg von einem Auslaufmodell hin zu einer anderen (besseren) Technik. So müsste man sie eigentlich beschreiben und tatsächlich wäre das eine rein nüchterne Betrachtung, der man nichts hinzufügen bräuchte, wenn da nicht… .
Die Realität ist: Es gibt keinen Technikwandel, der so sehr bekämpft wird wie die Energiewende. Daran interessant ist aber folgende Tatsache, die Kämpfer auf der einen Seite sieht man gar nicht, #LeisePR. Sie schaffen es, ihre tatsächlichen Handlungen und ihre wahre Identität zu verschleiern.
Nach dieser Beschreibung spalten sich bereits die Fronten und diese finden wir in der öffentlichen Wahrnehmung und den öffentlichen Einstellungen. Die Meinung der Öffentlichkeit lässt sich lenken, das sehen wir in der immer noch aktuellen Atomdebatte. Und auch da wird einigen aufmerksamen Lesern klar geworden sein, wissenschaftliche Fakten zählen hier nicht, anscheinend ist es vollkommen ausreichend, die alten dummen Geschichten nur lang genug zu erzählen, und die Sachen „passen“ dann schon, bzw. sind passend gemacht worden. Ein Klick auf die Umfrageergebnisse zeigen den „Meinungsverdrehungsagenturen„, ok, wir haben gut gearbeitet, es ist jetzt an der Zeit, die Rechnung zu schreiben, und den Lohn für unsere Arbeit abzuholen, denn wir machen das ja hier nicht umsonst.
Oh weh, das war ein ganz böser Fauxpas: Meinungsverdrehungsagenturen, das ist Populismus pur, wie kannst du das nur sagen? Keine Panik meine Freunde, in dem Fall darf man es nicht nur sagen, man muss es laut und deutlich aussprechen, wir haben allen Grund dazu. Diese Agenturen verdienen sehr viel Geld an dem, was sie tun und sie werden sogar jährlich für ihre Erfolge ausgezeichnet. Mein letzter Artikel widmete sich der Atomdebatte, und er zeigte, wie einfach sich die Atomenergieargumente aushebeln lassen. Er zeigte aber auch, dass Medien diese Gegenargumente gar nicht kennen. Medien könnten diese unsägliche Debatten kurz und knapp verhindern. Ebenso beschrieb ich, dass wir einen neuen Begriff gebrauchen sollten, wenn wir uns darüber unterhalten wie das alles zu verändern ist, wir brauchen einen neuen #BrüggemanEffekt.
In meinem Artikel, Lobbyismus arbeitet heute ganz anders – #LeisePR – Lobbycontrol, vom 1.7.2020, habe ich das genauer beschrieben. Darin ist ein Video-Interview mit dem Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen enthalten, (hier geht es zum Interview: https://www.youtube.com/live/qmGoXe456_s?feature=share&t=4880 ) der an einer prägnanten Stelle wesentliche Dinge benennt.
Dort geht es um Medien, soziale Medien, einfache plakative Aussagen und Quellenrecherche. Pörsken fragt da: „Welchen Quellen vertraut man aus welchen Gründen, man kann nicht alles selbst recherchieren, die Empfehlung seriösen Quellen zu vertrauen, … Quellenkompetenz zu verstärken, das halte ich für unbedingt geboten. Wir wissen, dass 50% der Menschen, die irgendwas im Netz konsumieren, durchschnittlich überhaupt nicht auf die Quelle achten und die Quelle ist das Signal der Soforteinordnung und wir wissen auch, dass Menschen die Information selbst sehr viel länger im Gedächtnis behalten, als die Quelle selbst, das nennt man den sogenannten Schläfereffekt der Propaganda.“ Soweit das Zitat, ich empfehle jedem sich das Interview anzusehen.
Wenn Medien schon nicht in der Lage sind, wer ist es denn dann?
Das ist eine steile These, ist es nicht vielleicht doch die falsche Annahme? Es gibt natürlich nichts Besseres als die Öffentlich/Rechtlichen Medien, die als einzige garantieren können, dass unsere Demokratie funktioniert. Zu dieser Aussage stehe ich. Erst das ist die Bedingung, wenn man so will, für einen Qualitätsjournalismus, und das ist auch das, was Bernhard Pörksen beschwört, aber ebenso auch anmahnt. Heute, wo jeder in den sozialen Medien gleichzeitig Sender und Empfänger ist, gestaltet sich dieses Anliegen um so schwieriger. Aber ebenso muss man sehen, es geht auch anders, wenn man mahnende Korrektive einzieht. Allerdings meine ich damit nicht die zunehmende Anzahl der Faktenchecker und Corektiv Erklärer, die alles und jedes erklären, faktenchecken und doch nur zum „normalen“ Repertoire des Journalismus zählen. Die erledigen meist den schnellen Job, wenn mal irgendetwas schiefgelaufen ist und z.B. ein Gerücht oder eine Falschmeldung droht sich in der öffentlichen Meinung festzusetzen. Die sind durchaus notwendig, aber in dem Fall werden sie den Job nicht erledigen, der geboten ist.
Gehen wir also noch mal zurück, was ist die Energiewende überhaupt und was ist sie genau? Ein Technikwechsel, das verstehen wir, aber wir verstehen nicht die wirkliche Tiefe und die Radikalität, die dieser Wechsel beinhaltet. Tatsächlich berichten Medien heute sehr genau und kritisch über einige Dinge, die wir als solch einen Wechsel oder Wandel verstehen. Aktuell wird z.B. die künstliche Intelligenz diskutiert und kritisch begleitet und aus meiner Sicht bringen Journalisten und Medien dazu sehr hochwertige Beiträge. Das kann und muss man als Qualitätsjournalismus bezeichnen. Die Berichterstattung über die Energiewende ist dazu im Vergleich fast minderwertig zu bezeichnen.
Würde ich es oberflächlich zusammenfassen, dann hat Journalismus in seiner Aufklärung zur Energiewende folgende Meinung in der Bevölkerung erzeugt. Die Energiewende hat irgendetwas mit Wind- und Sonnenenergie zu tun, aber die Wissenschaft ist sich nicht einig, ob und wie das funktionieren soll. Für den Klimaschutz soll das gut sein und deshalb würde man es auch unterstützen, nur das Ganze kostet natürlich auch ordentlich, man wird sehen… (dazu unten mehr).
Also, was ist die Energiewende denn nun genau?
Ich habe in den Medien, bei Klimaschützern und sogar bei Energiewendeaktivisten und Energiewendewissenschaftlern noch nie folgende Beschreibung gehört:
Die Energiewende ist im Kern ein so radikaler Technikwechsel, dass diejenigen, die am Schluss zu den absoluten Verlierern gehören, weil ihnen dieser Wechsel keine Chance zu einer Weiterexistenz lassen wird, aktiv wirklich alles dafür tun werden dieses Schicksal mit allen Mitteln hinauszuzögern. Aus diesem Grund erleben wir Täuschungskampagnen in den Medien, die aktive Verschleierung ihrer Tätigkeiten, die Besetzung zentraler Positionen in Politik und Verwaltungen, massives Verzögern dringend notwendiger Änderungen, in den Verwaltungen und in der Gesetzgebung und eine massive Einflussnahme in den Medien. Das begann bereits mit der Klimaleugnung und setzt sich heute weiter fort. Allein die Tatsache der bewussten Verschleierung, dass dieser Technikwandel alle Sektoren, also Strom, Wärme und Mobilität betrifft und dabei die benötigte Energiemenge aufgrund von Effizienzvorteilen halbieren wird, spricht Bände. Und wir wissen, dass genau diese Energiewende billiger sein wird, als alles, was wir bisher in Sachen Energie kennen. Und dabei ist diese Wende der größte Hebel, den wir haben, um den CO2Ausstoß radikal zu senken.
Hermann Scheer drückte das in seinem Buch, „Der Energethische Imperativ“ so aus, Zitat:
Der Wechsel zu hundert Prozent erneuerbaren Energien bedeutet den umfassendsten wirtschaftlichen Strukturwandel seit dem Beginn des Industriezeitalters. Ein Strukturwandel ohne Verlierer und Gewinner ist undenkbar. Verlierer werden unweigerlich die Anbieter der konventionellen Energien sein – in welchem Ausmaß das der Fall ist, hängt von ihrer Fähigkeit ab, sich an Haupt und Gliedern umzustrukturieren, sich mit drastisch sinkenden Marktanteilen abzufinden und neue Tätigkeitsfelder für sich zu finden, die keine Energiewirtschaftlichen mehr sein werden.
Versuche der Verliererrolle in diesem Wandlungsprozess zu entkommen und ihre zentrale Energiewirtschaftliche Rolle zu behalten, führen zu widersprüchlichen und teuren Verlangsamungsstrategien.
Die Gewinner des Wechsels werden die Weltzivilisation insgesamt und Gesellschaften und Volkswirtschaften sein, und in diesen die Technologieunternehmen sowie viele lokale und regionale Unternehmen. Es wird auf jeden Fall entschieden mehr Gewinner des Energiewechsels als Verlierer geben. Einem großen Teil der Gewinner sind die Chancen noch nicht bewusst, weshalb sie noch auf der Gegenseite stehen. Den größten Einfluss auf das praktische Geschehen haben derzeit noch die etablierten potenziellen Verlierer, den geringeren die noch längst nicht etablierten Gewinner. Zitat Ende.
Wer das verstanden hat, wird die Energiewende mit anderen Augen sehen. Hermann Scheer spricht hier von einem Strukturwandel und einem Struktursystemkonflikt. Er sagte auch immer, dass er sich nicht zu den Energieexperten zählt. Was im ersten Moment unlogisch klang, entpuppte sich danach als ebenso logisch und radikal, denn herkömmliche Energieexperten stammen immer aus der alten Energiewirtschaft, und die sucht sich die Politik zu Beratungszwecken. Wer anders als diese Experten könne denn eine solche Expertise mitbringen. Diese Expertise wird aber niemals objektiv über die Energiewende sprechen, denn damit würden diese Experten doch den Ruf ihrer Branche schädigen und gegen ureigenste Interessen der Energiekonzerne verstoßen. Diesen Struktursystemkonflikt hatte Hermann Scheer dann in den letzten Monaten vor seinem plötzlichen viel zu frühen Tod anders benannt. Er nannte ihn #Energiesystemkonflikt.
Die Voraussetzungen und die öffentliche Meinung
Unter diesen Voraussetzungen haben die Bürger nicht den geringsten Hauch einer Chance zu erfahren, was wir unter der Energiewende verstehen müssen. Die öffentliche Meinung kann damit immer wieder zum Spielball gemacht werden. Die aktuellen Debatten beweisen das, hier einige Beispiele: E-Fuels z.B. kann niemals so billig werden, dass Menschen es mit Freude tanken werden. Physikalisch ist das schlicht unmöglich. Dennoch ist es der FDP gelungen, mit dem Argument der Technologieoffenheit, ein Verbrennerverbot zu verhindern. Die Bürger waren immer schon gegen Atomenergie, trotzdem ist der endgültige Atomausstieg verschoben worden. Der soll zwar jetzt am 15. April stattfinden, aber die Weiterverlängerungsdebaten toben weiter. Wärmepumpen sind der beste Weg, die Wärmewende zu beschleunigen. Dennoch werden technische und wirtschaftliche Gründe vorgeschoben, den Einsatz von Wärmepumpen zu verhindern. Dabei ist aber völlig klar, Wärmepumpen stehen erst am Anfang und sie werden mit steigender Anzahl des Einsatzes natürlich billiger und besser werden. Wir hatten diese Debatte bereits vor 30 Jahren, als es um den Einsatz von Gas-Brennwertheizungen ging. Die waren damals auch „sündhaft“ teuer, haben sich aber komplett durchgesetzt, weil sie technologisch überlegen waren. Die Beispiele lassen sich beliebig erweitern. Da wo es den alten Energiekonzernen an den Kragen geht, werden Bürger gegen sinnvolle Maßnahmen der Energiewende aufgebracht.
Was müssen wir also tun?
Der Knackpunkt sind die Medien und der Journalismus und von dem kann niemand verlangen, sich einer physikalisch/technischen Schulung zu unterziehen. Das geht tatsächlich nicht, oder? Entsprechend der Klimanotlage, die wir haben, muss aber etwas geschehen. Und es gibt ja auch schon Journalisten, die sich dem Thema sehr ausgiebig widmen. Nur reicht das bei weitem nicht. Das, was nötig ist, ist die umfassende Aufklärung zur Energiewende. Dabei brauchen Medien aber nicht kleinteiliges Wissen in technischen Fragen, sie brauchen den Komplettüberblick und zu dem gehört vor allem der soziologisch/wirtschaftliche Moment der Energiewende und von dem wird so gut wie gar nicht berichtet. Wenn ich oben davon spreche, die die Öffentlichkeit würde meinen, die Energiewende kostet natürlich ordentlich viel Geld, dann ist genau das die Meinung, die fossile Konzerne mögen und für die sie viel Geld investiert haben.
Auf der einen Seite wurden sehr große Hürden eingebaut, die dazu führten, dass Energie teuer ist und teuer bleibt und auf der anderen Seite wird der Energiewende die Schuld an diesen hohen Preisen zugeschrieben. Tatsächlich ist diese eine wichtige Frage nie ernsthaft gestellt worden. Was kostet Energie oder die Energiewende,wenn wir alle Hindernisse der fossilen Feinde aus dem Weg räumen und alle Subventionen für fossile Energieträger streichen. Was kostet sie, wenn Bürger, Bürgerenergiegenossenschaften, Betriebe, Mittelständler und auch Großbetriebe sowie die Politik an einem Strang ziehen und Energie einfach selber machen? Kann man dabei noch von Kosten sprechen, oder ist das die sinnvollste Investition für unsere Zukunft, zumal diese Kosten dann auch noch immer billiger werden?
Die Eigentümerstruktur von Photovoltaikeanlagen in der Bundesrepublik zeigt ein merkwürdiges Ergebnis. Bis Ende des Jahres 2020 lag der Anteil bei den Stromkonzernen bei lediglich 0,2%. Privatpersonen, Lantwirte und das Gewerbe hatten dagegen zusammen bereits einen Anteil von 72,8%. Wer jetzt meint, dann müsse man den Jäger aber mal zu Jagen tragen, hat mit Sicherheit nicht verstanden, dass der Jäger absolut keine Lust aufs Jagen hat, denn mit jedem Schuss würde er sich selbst ins Knie schießen oder eben das Wasser abgraben, denn jede errichtete oder noch nicht errichtete eigene Solaranlage würde in direkter Konkurrenz zu seinen Solaranlagen stehen. Und das deutsch Recht gibt es nicht her, Verbrauchern vorzuschreiben, vorrangig den Strom aus deren Anlagen verbrauchen zu müssen.
Sonnige Grüße
Klaus Müller