Last Updated 26. Juli 2018
Energiewende-Monopoly mit gezinkten Karten
Immer wieder treffe ich auf die folgende Meinung: Erneuerbare Energien (EE) finde ich gut, aber die machen die Strompreise ja auch teuer. Wer sich etwas genauer versucht damit zu beschäftigen bleibt aber doch meist ratlos zurück, denn das Thema ist kompliziert. Deshalb versuche ich die Sache mal aus einen etwas anderen Blickwinkel zu beschreiben. Und deshalb heißt dieser Beitrag: Das Verliererspiel – Nachhilfe für Politiker und Medien.
Was wir kennen und immer mal wieder gehört haben: Die Strompreise an der Börse sinken. Und dann heißt es, „aber diese geringeren Preise werden nicht an uns Verbraucher weitergereicht“. Richtig, aber das ist leider nur die halbe Wahrheit, wenn nicht sogar nur die Drittel der Wahrheit. Wenn wir an Börse denken, dann haben wir ein bestimmtes Bild im Kopf. Allerdings ist das an der Strombörse ein wenig anders. Strom muss immer in der richtigen Menge erzeugt werden und zwar zur Sekunde genau. Wer also mit Strom handelt muss das beachten.
Was passiert also wenn Erneuerbare Energien an der Börse gehandelt werden?
Trifft EE-Stom an der Börse ein, müssten Kraftwerke herunter geregelt werden.Wir brauchen genau die richtige Strommenge, nicht zu viel und nicht zu wenig. Es ist ja der Sinn des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes, (EEG), Wind-, Sonnen-, Wasser- und Biogasstrom den Vortritt zu lassen. Wir wollen diese Energien und wir wollen sie verbrauchen wenn sie da sind. Dann benötigen wir weniger Strom aus unseren Kraftwerken. Werden diese Kraftwerke aber nicht abgeregelt, gibt es ein Überangebot an Strom und das haben wir bereits laufend seit 2010. Mit diesem Überangebot sinken die Preise. Das kann man sich so vorstellen wie auf dem Wochenmarkt. Damit alle „Ware“ verkauft wird müssen neue Käufer her. Dieses Überangebot müsste aber nicht sein, hätten wir mehr Gaskraftwerke, statt Kohle- oder Atomkraftwerke, denn Gaskraftwerke lassen sich sehr schnell komplett herunterfahren und auch wieder herauffahren. Sie wären ein idealer Partner für Erneuerbare Energien.
Kohle- und Atomkraftwerke kann man aber nur bis zu einem gewissen Maße herunterfahren. Ist der Kraftwerkspark zu groß, müsste man dauerhaft Kraftwerke stilllegen. Ausgerechnet aber dann, wenn viel Strom aus Sonne oder Wind an der Börse anlangt, ist der Druck auf die Preise sehr hoch. Jetzt müssten andere (das Ausland) den Strom verbrauchen. Dass wir immer schon ein bisschen Strom über die Grenzen hin und her gehandelt haben war normal. Was wir aber seit 2010 erleben ist ein dauernder Stromüberschuss, der zu dauerhaften Stromverkäufen ins Ausland führte.
Aber was macht das Ausland eigentlich mit dem billigen Strom wenn sie ihn einkaufen? Nun, das ist ganz einfach, sie machen das was wir machen müssten, sie regeln ihre Kraftwerke runter oder schalten sie komplett ab.
Was passiert auf der wirtschaftlichen Ebene für die Erneuerbaren Energien?
Die Erneuerbaren Energien bestreiten seit 2010 ihre Einnahmen aus den Geldern die sie an der Börse erwirtschaften. Und nun beginnt das Verliererspiel mit gezinkten Karten: Haben wir viel EE-Strom, also Strom aus Sonne und Wind, dann haben wir wenig Einnahmen, da die Preise am Boden sind, je mehr Strom umso weiter sinken die Preise. Ist es umgekehrt kommt es zum gleichen Ergebnis: Sonne und Wind liefern nicht sehr viel, dann haben wir zwar hohe Preise aber wenig Strom, also auch wenig Einnahmen. Das Spiel, bei dem man nur verlieren kann. Monopoly mit der Vorgabe, die guten Straßen nie besitzen zu können.
Der Verbraucher muss zahlen
Jetzt müssen die Verbraucher ran, denn dieses Spiel ist ja die ständige Verlierer-Runde für den EE-Strom. Wenn EE-Strom zu wenig Geld an der Börse einnimmt, obwohl er genug an Kilowattstunden liefert, dann fehlt Geld in der EEG-Kasse. Und ganz genau dafür hat man die Verbraucher ausgewählt die fehlende Differenz zu zahlen. Dadurch steigt die EEG-Umlage unweigerlich.
Viele reden ja davon, dass der Strom an der Börse verschleudert wird, aber haben es nicht richtig verstanden. Es ist kein normales Börsengeschehen, es ist das völlig falsche Instrument die Erneuerbaren an der Börse zu vermarkten. Solange Kohle- und Atomkraftwerke, die oft auch längst abgeschrieben sind, gar nicht den Druck haben höhere Einnahmen erwirtschaften zu müssen, werden wir dieses Spiel mit gezinkten Karten weiterhin erleben. Es sei denn wir ändern das, was wir seit dem 1.1.2010 erleben. Damals hatte man ja vor der Einführung der EE an der Strombörse gewarnt: Man müsse die Kraftwerke drosseln, damit die Preise nicht sinken.
Das ist alles bekannt, und auch, dass zuvor mit einem mittleren Börsenstrompreis von 5 bis 6 ct./kWh gerechnet wurde. Das war die Höhe die man als Einnahme für die Erneuerbaren kalkuliert hatte. Das wir aber über die Jahre bis heute, mit einen mittleren Börsenstrompreis von 2,5 bis 3 ct./kWh klarkommen mussten, diese Zusammenhänge haben die Medien nicht berichtet.
Tina Ternus zeigt in diesem Vortrag auf wie das alles gelaufen ist.
Fehlplanung auf ganzer Linie und Blindheit der Medien zusätzlich! Oder war es sogar Absicht? Vieles deutet darauf hin.
Aber das erfahren sie in einem weiteren Artikel zum Thema
Das Verliererspiel – Nachhilfe für Politiker und Medien
Frei nach Hermann Scheer werden wir aber feststellen, das Verliererspiel ist nur das Hinauszögern einer unvermeidlichen Entwicklung. Es wird am Ende ein Gewinnerspiel für uns alle.
Sonnige Grüße
Ihr Klaus Müller
Weiterführende Links:
Vortrag Tina Ternus
Ein Blick hinter die Kulissen – die professionellen Kampagnen gegen die Energiewende
Parolen gegen die Energiewende
Power to the People – Vortrag Hermann Scheer
Die große Stromlüge – Stromarmut in Europa und die Konzernmanager
Sehr guter und informativer Beitrag! Danke
Danke Klaus Müller, das war sozusagen ein besonderes Geburtstagsgeschenk für mich,der in Lüneburg beim Solarverein Sunon Sonnenkraftwerke eV engagiert ist.
Sehe ich leider heute erst. Gibng gestern beim Podium zum Film Power to change auf dieses Thema ein. Und merkte wie es schwierig ist es anderen nahe z bringen; leider auch der Energiepolitischen Sprecherin der Grünen, Julia Verlinden, die auch dabei war.
Hoffe deinen Text für weitere Versuche verwenden zu dürfen.
Ja gerne, Tomas Biermann-Kojnow.
Und nachträglich auch noch einen Geburtstagsglückwunsch hinterher. Es ist tatsächlich so, dass dieses Thema sehr vielen nicht bekannt ist. Und es verwundert mich inzwischen nicht mehr warum Medien als auch Politiker das nie richtig verstanden haben. Jürgen Dörschel – DER Fachjournalist vom WDR schlechthin – und ein wirklich guter Mann hatte sehr lang gebraucht um dahinter zu kommen. Erst über einen Umweg lernte er Tina Ternus kennen die ihm das dann ganz erklären konnte. Sein Fazit: die Sache wäre derart kompliziert gestrickt, und man muss fast vermuten vorsätzlich so kompliziert, dass man sie weder in einer 1/4 Std noch in einer 3/4 Std. erzählen könne. Wenn aber in einer Sendung, wie z.B. Monitor in der er immer wieder berichtet, die Aufmerksamkeitsspanne Der Zuschauer bereits nach 3 Minuten anfängt wegzubrechen, dann kann man so etwas möglicherweise nur in einem Spielfilmformat berichten. Auf jeden Fall hat da die Lobby der alten Energiekonzerne „ganze Arbeit“ geleistet.
Hier nachzulesen: https://energiewende-rocken.org/energiewende-zentral-vs-dezentral/