Last Updated 16. März 2021
Was ist nicht alles über diesen Rezo geschrieben, berichtet und diskutiert worden? Ein Youtuber, den die Öffentlichkeit bisher kaum kannte. Rezo war mit einem Video aufgefallen mit dem Titel „Die Zerstörung der CDU“. Aber Rezo zerstörte nicht die CDU. Er zerstörte alles, von dem Politik und Medien überzeugt waren, dass es seine Richtigkeit hatte. Rezo redete 55 Minuten lang Klartext und dabei auch über das Klima. Aber er redete auch über 20 Minuten über die illegalen Drohnenmorde, die von amerikanischen Militärstützpunkt Ramstein, in Deutschland weitergeleitet werden.Klimaleugner und Klimaskeptiker regen sich aber in den sozialen Netzwerken über die Beeinflussung der Wahlen wegen dem Klimathema in Rezos Beitrag auf. Und Medien gelingt es auch erfolgreich diesem heiklen Thema auszuweichen.
Subjektives Resümee – Die endgültige Abrechnung von Rezo
Und nun ist es Zeit, naklar, ein subjektives Resümee zu ziehen. Bei aller Kritik, und das war sehr wenig was man ihm entgegen konnte, ist es Zeit die endgültige Abrechnung von Rezo vorzulegen. Dabei will ich ein Augenmerk darauf legen was er auch zerstörte, was aber überhaupt nicht debattiert wurde.
Zerstören heißt in der Jugendsprache, argumentativ widerlegen. Und Rezo zerstörte in seinem Video mit Fakten viele Dinge die auch nicht debattiert wurden. Das sei nur am Rande erwähnt, obwohl es wichtiger denn je gewesen wäre. Die Themen „soziale Ungleichheit und Chancengerechtigkeit“, „Beteiligung an Kriegsverbrechen und Kriegstreiberei“, „Drohnenmorde über Ramstein“, „Julian Assange“ wurden nicht aufgegriffen. Geblieben ist lediglich das Thema Klimawandel. Aber auch da gab es keine wirkliche inhaltliche Auseinandersetzung. Geschenkt.
Dass die CDU und die Altparteien keine Antwort fanden – auch geschenkt. Debattiert wurde die Wirkung des Videos. Und im Rückblick hat Rezo nicht nur die CDU/CSU, die FDP, die SPD und natürlich die AfD zerstört. Gleichzeitig nahm er Einfluss auf Wahlergebnisse und auch da braucht sich keiner zu beklagen und sagen, das geht aber nicht. Das geht selbstverständlich und war nötiger denn je. Das machen Parteien auch, indem sie Prominente einladen für sie zu werden. Nein, was absolut nicht debattiert wurde, Rezo „zerstörte“ auch die Medien. Und hier ist jetzt nicht das Widerlegen der Medien gemeint, sondern tatsächlich die Macht der Medien. Die glauben bis heute noch, sie hätten Deutungshoheit. Sie wären das Maß der Dinge und würden ihrer Aufgabe tatsächlich nachkommen. Und wenn wir einmal von ihrem Auftrag, den sie ja haben, drauf schauen, dann muss man ihnen ein größtes Versagen vorwerfen.
Die Zerstörung der Medien
Aber schauen wir uns das einmal an wenigen Beispielen an. Julian Paul Assange ist ein australischer Politaktivist, investigativer Journalist, ehemaliger Computerhacker, Programmierer und Sprecher der Enthüllungsplattform WikiLeaks, die es sich zum Ziel gesetzt hat, geheimgehaltene Dokumente allgemein verfügbar zu machen. Dieser Mann sitzt heute im Gefängnis in England und fürchtet die Auslieferung in die USA wo ihm eine Gefängnisstrafe von 150 Jahren erwartet. Assange verdankt die Welt Enthüllungen, die die Welt veränderten, die so wichtig waren, wie nur investigativer Journalismus sein kann. Dieser investigative Journalismus findet heute nicht mehr statt. Schlimmer noch, Assange wird in den Medien oft wie ein Aussätziger behandelt. Wo bleibt die Solidarität des Journalismus in Deutschland?
Journalismus selbst ist heute von Umständen bedroht, die er selbst nicht zugeben will (oder auch kann). Tatsächlich fehlen den Printmedien immer mehr die Geldmittel um ihrer Aufgabe nachgehen zu können, was an sinkenden Auflagen und der eigenen Konkurrenz in den Onlinemedien liegt. Sendeanstalten kommen ihren aufgaben aber auch nicht in ausreichendem Maße nach. Ulrike Sumfleth fasste die Misere der Printmedien einmal in einem Arbeitspapier zusammen. Titel:
Simulierte Diskurse
Verlagskonzerne und ihr Märchen von der Pressefreiheit (hier als PDF runterzuladen)
Zusammenfassend lässt sich sagen:
- Journalisten und Redakteure sind seit Jahren einer Prekarisierung ausgesetzt worden
- es sind tausende Arbeitsplätze in den letzten Jahren weggefallen
- es bleibt keine Zeit eigene Artikel zu schreiben, denn dafür braucht es Recherche
- Journalisten und Redakteure habengerade mal die Zeit vorgefertigte PR-Artikel zu sichten um sie ein wenig abzuändern – nicht etwa vom Inhalt her
- PR-Artikel nehmen Journalisten natürlich dankend oder auch zähneknirschend entgegen.
- es sind in den letzten Jahren PR-Agenturen wie Pilze aus dem Boden geschossen um diese Masse an PR-Mist produzieren zu können.
Daraus schließt sich die Frage an: Wer bezahlt eigentlich die PR-Agenturen? (Was in dem Arbeitspapier sehr gut aufgeklärt wird.)
Klickzahlen und Einschaltquoten
Ja, und hier wird es jetzt lustig oder sollte ich eher sagen traurig? Rezos Video wurde bis jetzt 14.7 Mio. mal geklickt, für die, die noch nicht aktuell sind. Stand 9.6.2019. Was aber haben Einschaltquoten mit Klickzahlen eines Youtube-Videos zu tun? Zunächst einmal gar nichts. Aber ganz so einfach ist das nicht, denn natürlich müssen hier Vergleiche gezogen werden. Und nun wird es Spannend. Auch wenn Fernsehen etwas ganz anderes ist, so kann man die Einflussnahme von Youtube-Videos nicht einfach wegreden. Fernsehen nimmt auch Einfluss. Viele meinen ja, die Flut der Youtubevideos hat eher eine Aussage über deren Qualität. Jede Minute werden auf YouTube 400 Stunden Videomaterial hochgeladen. Dieser Schluss liegt also sehr nahe.
Wer aber bedenkt, dass die Fernsehsender auch Medieatheken haben und viele die Empfehlung eines Freundes oder Bekannten, „hast du eigentlich die Sendung xyz gesehen“, genau über diese Mediatheken nutzen, die Sendung dann doch noch zu sehen, dann wird klar hier wachsen Dinge zusammen. Und viele Fernsehsender bieten Inhalte ihrer Mediathek jetzt auch auf Youtube an.
Einschaltquoten
Machen wir einen Rückblick auf die Einschaltquoten der Sender in 2018. Klar ist, und das muss nicht überraschen: Nichts interessierte die Zuschauer mehr als die Fußball-WM. „Das einzige der drei WM-Spiele, das Deutschland gewann, wurde an einem Samstagabend in der ARD gezeigt. Die Partie gegen Schweden (2:1) am 23. Juni zog jedenfalls 27,53 Millionen Zuschauer vor die Bildschirme.“ Die meistgesehene Sendung im Genre „Serie“ war ein „Tatort“, und zwar die einzige neue Folge des beliebtesten Teams aus Münster (Axel Prahl und Jan Josef Liefers). Den Krimi „Schlangengrube“ am 27. Mai sahen im Schnitt 12,16 Millionen (37,8 Prozent) im Ersten der ARD. Im Genre „Reportage/Dokumentation“ holte ein elfminütiger ARD-„Brennpunkt“ die beste Einschaltquote: und zwar am 18. Januar die Sendung „Orkan Friederike: Deutschland lahmgelegt“ mit 7,94 Millionen Zuschauern (23,0 Prozent Marktanteil).
Die Einschaltquoten von politischen Themen sind dagegen eher als unterirdisch zu bezeichnen. Die Sendung „Monitor“ erzielte beispielsweise eine Reichweite von 2,44 Mio. Zuschauern in 2018. Hier ein Überblick.
Nachrichten sind ebenso nicht der Bringer. So verfolgten im Schnitt 4,9 Millionen Menschen in Deutschland die Tagesschau. Ich habe mir nicht die Mühe gemacht herauszufinden, wie Einschaltquoten gezählt werden. Das wäre vielleicht wichtig, weil Zuschauer ja auch mitten in einer Sendung oder kurz nach Beginn umschalten. Das gleiche haben wir bei Klickzahlen in Youtube. Mit Sicherheit werden lange nicht alle der 14,7 Mio. Zuschauer des Rezo-Videos das Video ganz gesehen haben. Das scheint mir aber für meine Thesen nicht so wichtig zu sein.
Überlegen wir einmal, mit welchem Etat Fernsehsendungen wie zum Beispiel Monitor oder Report“ gemacht werden und welchen Einsatz Rezo brachte. Wie die meisten Youtuber, die einen gut gehenden Youtube-Kanal betreiben, arbeitet Rezo nicht alleine. Er hat einige (wenige) Mitarbeiter, die er natürlich bezahlen muss. Ich denke es sind 3, die er eher nach Aufwand bezahlt. Nach eigenen Worten wurden mehr als 100 Stunden für die Recherche aufgewendet, und diese aber, und das sollte betont werden, mit einem langen Quellenpapier belegt.
Produktionskosten – Produktionsaufwand
Nach meinen Schätzungen liegen die Produktionskosten der Informationssendungen in den Fernsehsendern um mehrere Faktoren höher, als die von Rezo. Nun kann man natürlich einwenden, man können das aber nicht vergleichen. Stimmt. Vergleicht man hier aber die Einschaltquote mit der der Klickzahl, so könnte man als Zwischenfazit behaupten: Die Sender produzieren mit zu hohen Kosten, entgegen ihres Auftrage am Zuschauer vorbei. Die Themen die Rezo ansprach waren ja nicht etwas ungewöhnliches. Sie lagen sozusagen auf der Straße.
Und da treffen wir auf den Haasen der gut getarnt in der Furche liegt. Egal ob Rezo nun die Wahlen beeinflusst hat oder nicht. Und egal wie dämlich sich die CDU hinterher angestellt hat. Wichtig ist, wie dämlich sind eigentlich die Medien, wenn sie ihr eigenes Versagen nicht aufarbeiten und sich zudem auch nur immer wieder so oberflächlich mit den Themen, die Rezo gesetzt hat, auseinander setzen? Das ist ein Versagen auf ganzer Linie. Und es ist viel schlimmer als die Causa Rezo.
Bekannt ist doch seit mehr als einem Jahrzehnt, dass die digitale Welt des Internet die Informationswelt nachhaltig verändert. Dazu Prof. Dr. Peter Kruse über „Revolutionäre Netze durch kollektive Bewegungen. Peter Kruse spricht hier von einer Revolution, (die anscheinend immer noch nicht in unseren Medien angekommen ist).
Eines muss jetzt klar sein und wird den meisten immer klarer. Das war erst der Anfang und keine Zwischenepisode. Es bleibt einzig, dem jungen Rezo meine Hochachtung zu bekunden. Rezos Kanal heißt übrigens Rezo ja lol ey und hier noch mal sein Video falls ihr es tatsächlich noch nicht gesehen habt oder endlich ganz anschauen wollt. Jede Minute lohnt. „LOL“ oder „lol“ist die Abkürzung für Laughing Out Loud, zu deutsch laut lachen oder wörtl. laut auflachen. Die Steigerung wäre ROFL, „Rolling On the Foor Laughing“ oder sich vor lachen auf dem Boden rollen.
Ja da kann ich nur sagen, die endgültige Abrechnung von Rezo:
Medien, ey ja ROFL ey
Schöne Pfingsten und nicht vergessen,
weitermachen, Energiewende-Rocken, Klimawende-Rocken. Aber das wisst Ihr ja ;-).
Euer Klaus Müller