Du kannst machen was du willst, es hilft alles nichts – Microtargeting 2

Wie uns die sozialen Medien beeinflussen

Last Updated 3. Februar 2023

Für die Energiewende oder gegen die Energiewende…

Du kannst machen was du willst, es hilft alles nichts – Microtargeting. Gestern Abend lief in der Tagesschau ein Beitrag zum Versuch einer Neuregulierung des Microtargeting im EU-Parlament. Mit Microtargeting werden Botschaften in sozialen Netzwerken wie z.B. Facebook gezielt an unterschiedliche Menschen gesendet.  Darin hieß es: „Mit Microtargeting kann z.B. eine Partei widersprüchliche Botschaften an unterschiedliche Zielgruppen senden“. Ein Beispiel dieser Botschaften macht klar, was gemeint ist: „Freie Fahrt für den Diesel“ an ältere Menschen, die sich etwa für Autos interessieren oder „Klimaschutz jetzt„, an junge Menschen, die sich für Umweltschutz engagieren. Microtargeting arbeitet dabei über die „normale“ Werbefunktion, die Werbetreibende in den sozialen Netzwerken buchen können. Wie radikal die Auswirkungen sind, kann man in dem Tagesschaubeitrag bestenfalls erahnen, nur, allein diese Tatsache ist schon ein großer Skandal, aber die Sachen gehen nach meiner Meinung viel tiefer.

Aber eins nach dem anderen. In sozialen Netzwerken glauben wir etwas ausrichten zu können, indem wir unsere Stimme für oder gegen etwas erheben. Je mehr Leute unsere Kommentare oder Artikel lesen, umso mehr werden wir natürlich beeinflussen können und der Gedanke, vernünftige Sachen müssten sich dann doch von allein durchsetzen, ist für viele die Triebfeder. Aber die meisten dieser Versuche werden scheitern, denn es gibt ja die vielen Meinungsäußerungen, sie haben aber viel zu wenig bewirkt.

Nach meiner Meinung ist das ein vollkommener Trugschluss, denn mit immer mehr Botschaften zu immer mehr unterschiedlichen Themen nimmt die Verwirrung zu statt ab. Das allein ist bereits ein riesiges Problem und in den Zeiten von Covid hat es dazu die besten Beispiele gegeben. Während vor den Corona-Zeiten eine Klimaschutzorganisation, wie Fridays for Future (FFF) mit Greta Thunberg, mit großen Veranstaltungen für einen enormen Druck auf die Politik, aber auch auf die Medien machen konnte, war während der Lockdownphasen mit einem Mal nichts mehr möglich. Medien hatten keine Veranlassung, über FFF zu berichten, denn FFF gab es anscheinend kaum noch, zumindest nicht in der Öffentlichkeit. Tatsächlich begannen in der Zeit aber irrsinnig viele Aktionen über das Internet und vor allem gab es sehr viele Schulungsangebote, wo Klimawissenschaftler, Sozialwissenschaftler, Fachleute zur Energiewende und aus allen möglichen Gebieten in sogenannten Zoomveranstaltungen Vorträge anboten, die sehr unterschiedlich über das Internet besucht wurden. Teilnehmerzahlen zwischen 50 und 5.000 Menschen waren das Ergebnis, die fast jeden Tag über die unterschiedlichsten sozialen Medien organisiert wurden. Das Ergebnis aber war ernüchtern. Natürlich stieg das Wissen der Teilnehmer, aber die normalen Medien hatten das doch gar nicht mitbekommen und folglich gab es dazu auch keinerlei Berichte. „Gretahasser“ glaubten nun tatsächlich, der Klimaschutzwahn sei nun so langsam vorbei. Und allein das schon ist wirklich bemerkenswert und ist auch eine Folge der Wirkung in den sozialen Medien.

Wie genau funktioniert Microtargeting?

Wir haben es doch alle mitbekommen, es ist egal wie viel wir in Facebook (FB) z.B. von uns preisgeben, Facebook weis nach kürzester Zeit sehr viel über uns. Ob wir FB immer nur lesen und nie kommentieren, all das ist egal, Facebook ist intelligent und sammelt all unsere Daten. Wenn wir täglich über Facebook kommunizieren, wird es nur leichter und geht schneller. Aber FB kennt dich schon nach kurzer Zeit. FB weiß, ob du ein Mann oder eine Frau bist, es sammelt deine Interessen und kann daraus auf dein Alter, deine Neigungen, deine Gesundheit usw. schließen. FB weiß, welche Schulbildung du hast, weiß, ob du studiert hast, kann einschätzen, wo du wohnst, was du verdienst, ob du Einfluss hast und vieles mehr. Und es ist dabei vollkommen egal, ob du bei der Eröffnung deines FB-Kontos komplett mit deinen Angaben gelogen hast oder nur ein bisschen geschummelt und was du alles angegeben hast. Facebook kennt dich bereits nach kurzer Zeit, besser als dein bester Freund.

Tja, theoretisch müssten wir das alle wissen. Ich bin seit 2014 in FB und hatte mich nicht getraut unter meinem wirklichen Namen zu agieren. Deshalb habe ich mir damals einen Namen ausgedacht und den bei der Anmeldung angegeben. Diesen Namen habe ich dann wenige Jahre benutzt, aber kann darauf auch heute noch zugreifen. Aber mir wurde klar, wenn ich diesen Blog, Energiewende-Rocken, nach vorn bringen wollte, dann musste ich auch mit meinem Klarnamen in FB agieren können. Deshalb meldete ich mich nochmal mit meinem Originalnamen an. So weit, so gut.

Facebook sammelt alle unsere Daten und vergisst sie auch nie. Dafür wird auch ein Heidengeld ausgegeben, denn irgendwo müssen die Daten ja gespeichert werden und jederzeit auch wieder zur Verfügung stehen. Man kann sagen, FB überwacht uns komplett, was schon schlimm genug ist, aber das ist für das Thema Microtargeting eigentlich sogar eine Nebensache, die zwar Bedingung ist, der tatsächliche Grund ist aber die Finanzierung von Facebook. Werbung, die wir sogar meist gar nicht bemerken, weil die ganze Welt voll von Werbung ist. Aber der Plan von FB geht natürlich auf und man verdient damit Geld, viel Geld sogar.

Die unbekanntere Seite der Medaille Facebook oder weit ab von Microtargeting.

Die unbekanntere Seite der Medaille Facebook, aber auch von YouTube z.B. ist also auf deine Person zugeschnitten und auf jeden Nutzer individuell. Wer sich z.B. für Energiewende und Klimaschutz einsetzt, bekommt täglich viel mehr zu diesen Thema vorgeschlagen als der Durchschnitt. Man glaubt deshalb, man wäre gut informiert, und die anderen müssten das auch sein. Das Gegenteil ist der Fall. Wenn ich gegen die Energiewende bin, dann schlägt mir FB automatisch auf meiner FB-Startseite Artikel, Kommentare und Meldungen vor, die die Machbarkeit der Energiewende anzweifeln. Die erklären mir dann noch besser, weshalb die Energiewende nicht funktionieren kann oder dass wir uns die Energiewende gar nicht leisten können oder dass wir auf jeden Fall einen Blackout bekommen werden. Das klingt verrückt, entspricht aber den Tatsachen.

Wer sich oft auf verschwörungstheoretischen Seiten bewegt oder Mitglied in solchen Gruppen ist, der bekommt auch jeden Tag die nötige weitere Dosis zu diesen Theorien und immer gleich die neuesten Beweise. Ja, auch das macht Facebook und dafür gibt es einen einzigen Grund. In deiner Interessengruppe ist natürlich die richtige Werbung für dich geschaltet. In YouTube wirst du sie schnell „wegklicken“ oder eben „ertragen“, bei FB schaust du nicht hin. Man kann mit dieser Technik Wahlen beeinflussen und Meinungen machen oder verstärken, man kann Meinungen sogar langfristig „umgestalten“. Alles geschieht „fast von allein“ und damit ist der Verlauf der Dinge im Grunde genommen nun planbar geworden. Wenn ich will, dass man am Ende möglicherweise sogar das Capitol in Washington stürmt, dann ist das heute kein Problem mehr, am Ende braucht es nur den entsprechenden Zündfunken, den man noch setzen muss.

Die Welt ist komplizierter geworden und viele Menschen entziehen sich bewusst den normalen Medien, sie lesen keine Zeitungen mehr, sie schauen keine Öffentlich-Rechtlichen Sender.  Es gibt einfache Botschaften wie, „Wach auf, denk nach, sie lügen alle“, oder auf der anderen Seite hört sich das dann so an, es sind doch nur Verschwörungsdoofis, man braucht sie nicht zu beachten, und so weiter. Aber es kommt eben nicht von ungefähr, dass die AfD so einen Aufwind hat. Fast alles kommt nicht von ungefähr. Und man fragt sich, wie bekommt Facebook und andere Plattformen das so genau hin, und wo genau ist die Schnittstelle, wo sie eingreifen?

Auch hier spielt die Geschichte der Medien eine wichtige Rolle. Am Beispiel der Printmedien haben wir erfahren, dass diese im Laufe der Jahre immer weniger Geld verdienten und dementsprechend sehr viele Journalisten entlassen musste, oder „freigesetzt“ haben. Gleichzeitig bekamen Werbeagenturen immer mehr Aufträge. Und ein Teil dieser Werbeagenturen spezialisierte sich und übernahm eine Aufgabe, die die Medien auch heute noch gern verschweigen. Und, Achtung, das ist nun keine Verschwörungstheorie, das ist knallharte Praxis, bei der sehr viel Geld verdient wird und sehr viel Meinung gemacht, Meinung beeinflusst, und wenn es nötig ist, auch komplett in die gegenteilige Richtung verbogen wird. Wer sich also wundert, dass wir die Blasengrenzen in den sozialen Medien kaum überwinden können, der sollte sich darüber einen Kopf machen. Diese Technik heißt #LeisePR.

Ich hatte in einem Artikel die Journalistin Ulrike Sumfleth erwähnt, die einen bemerkenswerten Vortrag zur Rolle der Medien und der neu entstandenen Werbeagenturen im „Philosophischen Salon Köln“ vor vier Jahren gehalten hatte. Der hatte zwar den Titel „Pressefreiheit“, was auf den ersten Blick ein wenig von unserem Thema ablenkt, durchleuchtet das Thema aber sehr gut.

Was Medien dringend besser machen müssen, wenn Klimaschutz nicht gegen die Wand fahren soll – Teil 1

Dies wird nicht der letzte Artikel zu dem Thema sein, versprochen. Ich verstehe in zunächst mal als Bestandsaufnahme und damit wird die Arbeit also erst beginnen.

Sonnige Grüße – es gibt viel zu tun…

Euer Klaus Müller
Energiewende-Rocken

 


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