Last Updated 13. Dezember 2023
Der Artikel geht auf eine Veröffentlichung in 2015 zurück.
Die Energiekonzerne haben kein Interesse an der Energiewende #Energiesystemkonflikt
Der Wechsel zu erneuerbaren Energien – Weshalb die alten Energieversorger die Energiewende in Wahrheit gar nicht wollen.
Auch wenn dieser Artikel schon früher veröffentlicht wurde, die Dinge haben sich nicht verändert. Es gibt einen Energiesystemkonflikt, den Hermann Scheer schon in den 2000er Jahren beschrieben hat. Er ist eigentlich der Schlüssel zur Energiewende und man fragt sich ernsthaft, weshalb Medien diesen Strukturkonflikt anscheinend nicht kennen und nicht darüber berichten, die Politik tut auch so als wüssten sie nichts darüber. Also liebe Journalisten: Das wäre jetzt mal Euer Ding.
Es gibt sehr einfache und logische Gründe, weshalb die alten Energieversorger die Energiewende in Wahrheit gar nicht wollen. Es sind ja nicht nur die alten Energieversorger, es sind alle fossilen Wirtschaftsakteure, die niemals ein Interesse an der Durchsetzung einer Energiewende haben können, denn damit würden sie sich ihr eigenes Grab schaufeln. Das, was sie tun ist im eigentlichen Sinne nicht böswillig. Es geschieht zwangsläufig und notwendigerweise, um die eigene Geschäftstätigkeit weiterhin gewährleisten zu können. Simpler gesagt geschieht es aus schlichtem Eigeninteresse. Dass das Klima dabei auf der Strecke bleibt, macht sie zumindest moralisch zu Tätern. Ob sie sich dabei strafbar machen, werden möglicherweise später Gerichte beurteilen. Allerdings bewirkt diese mögliche Täterschaft oder eben ihr (Nicht)Handeln nun möglicherweise das Ende unserer Zivilisation, weil sie den Klimaschutz nicht rechtzeitig voran getrieben haben und nur so taten als wäre er ihnen wichtig, die Energiewende aber mit fadenscheinigen technischen Begründungen ausbremsten und sogar bekämpften. Dies hat aber auf jeden Fall enorme Auswirkungen auf das Leben unserer Kinder und wie man jetzt durch die Flutkatastrophe sieht, sind die Auswirkungen verheerend.
Vor allem ist ja bekannt, dass fossile Konzerne es bereits in den 70ern wussten, was sie am Klima durch ihr Wirken verändern würden und dennoch haben sie es nicht veröffentlicht, sondern eine große PR-Maschine aufgebaut, die Zweifel an Klimaberechnungen streute und den anthropogen verursachten Klimawandel damit negierte. Wir müssen uns dringend klar darüber werden, dass es Wirtschaftstreibende gibt, die, wenn sie im Sinne des Klimaschutzes handeln würden, ihr eigentliches Geschäft damit zerstören würden. Aber das ist eben genau die Sache: Eigentlich hätte man damals schon aufhören müssen mit dem Verbrennen von fossilen Energieträgern. Statt dessen ist man dazu damals übergegangen den Klimawandel zu leugnen. Und dieser Energiesystemkonflikt zieht sich seit den 70ern und eigentlich schon früher eben nicht durch die Medien. Statt dessen erlebten wir Technikverhinderungsdebatten, die sagten die Energiewende ginge nicht und Deutschland z.B. könne niemals mehr als 5% Erneuerbare Energie zur Stromerzeugung beitragen. Wir haben nun 50% an Erneuerbaren im Stromnetz aber anstatt weiter diese Techniken auszubauen heißt es neuerdings, wir müssten Wasserstoff in der Wüste herstellen und ihn dann importieren.
Unbequeme Wahrheiten.
Eine der unbequemen Vorhersagen die Hermann gemacht hat, war sehr verblüffend und ich wundere mich heute, dass immer noch so Viele sie nicht kennen und verstehen und das Gegenteil annehmen. Worum geht es? Viele glauben ja, dass sich erneuerbare Energien allein schon aus marktwirtschaftlichen Gründen von ganz alleine durchsetzen werden, wenn sie nur günstiger wären als konventionelle Energie, (das sind sie ja jetzt bereits seit einigen Jahren). Hermann Scheer hat das aber immer bestritten, er spricht dabei von einem Denkfehler. Den Zeitpunkt in Deutschland, an dem die Erneuerbaren billiger wurden als Haushaltsstrom, durfte er nicht mehr erleben. Er starb im Oktober 2010, viel zu früh im Alter von 64 Jahren. Bereits zweieinhalb Jahre später war selbsterzeugter Solarstrom billiger als der Haushaltsstrom geworden. Auch das ging nicht in dem Maß durch die Medien (man es nicht berichtet, so wie es nötig gewesen wäre). Man hätte eigentlich richtige Jubelfeste feiern können, denn noch wenige Jahre zuvor hat das keiner für möglich gehalten. Das bedeutete aber, für Verbraucher lohnte sich seit diesem Zeitpunkt die Nutzung und der Bau von Solaranlage für den Selbstverbrauch dieses Solarstrom sogar ohne Zuschüsse.
Früher war eine Einspeisevergütung notwendig und man speiste allen Strom gegen Bezahlung ins Netz, damit sich die Anlage lohnte. Die Gelder dafür erhielt man über die EEG-Umlage. Nun aber braucht es keine Zuschüsse für den Teil des Stromes mehr, den man selbst nutzt. Damit wird auch die EEG-Umlage entlastet. Spätestens ab 2013 also, hätten diejenigen, die viel Strom tagsüber verbrauchen vermehrt Solaranlagen kaufen können, denn eine lohnendere und sichere Investition gibt es nicht. Merkwürdigerweise „ereilte“ aber genau zu diesem Zeitpunkt die große Solarpleitewelle die komplette Branche und zerstörte 80.000 von 120.000 Arbeitsplätzen und am Ende waren es dann 100.000 Jobs die einfach weg waren.
Nach gängiger Meinung war ja die Bedingung erfüllt, dass sich Solarenergie jetzt marktwirtschaftlich durchsetzen würde. Die privaten Verbraucher waren z.B. auch Supermärkte und Gewerbetreibende die nun kaum Zuschüsse für die Errichtung von Solaranlagen gebraucht hätten. Inzwischen sind die Preise für Solaranlagen aber noch viel weiter gesunken. Und dennoch passiert nichts, vor allem gemessen daran, dass wir ja alle Klimaschutz machen müssten und auch würden, wenn wir es wüssten. Neue Solaranlagen sind sogar so günstig, dass man Solarstrom mit kleinen Solaranlagen für einen Preis von auch schon unter 10 ct/kWh herstellen kann. Der Preis bei großen Dach- oder Freiflächenanlagen ist nochmals um die Hälfte billiger und liegt inzwischen unter 5 ct./kWh. Auch die Preise für Akku-Speicher sind inzwischen so weit gefallen (und sie fallen weiter), dass sich damit die Eigenstromnutzung noch sehr hoch erweitern lässt, denn nun könnte man die Sonne auch nachts nutzen. Aber trotzdem haben wir keinen Solarboom. Und das ist es wenn Hermann Scheer von dem Energiesystemkonflikt sprach.
Ein kurioser Zustand.
Das ist die Grafik über die Bestitzerstruktur von Photovoltaikanlagen in Deutschland, Stand 2017. Und die allerkleinste Zahl darin ist die wirklich interessante. Die großen vier Stromriesen, RWE, E.on, Vatemfall und EnBW, die die Energiepolitik maßgeblich in Deutschland gelenkt haben, besitzen nicht mal ein Prozent der Solaranlagen in Deutschland, sie besitzen nur 0,2 %. Mancher wird sich nun fragen, wie kann das sein? Die Erklärung ist einfach, wenn man den Strommarkt versteht. Jede kleine private PV-Anlage steht in direkter Konkurrenz zu möglichen großen Anlagen der großen vier Stromversorger. Auch wenn sie wegen der Größe der Anlagen (meist Freiflächenanlagen) dann sehr billig Strom herstellen können, ist für Privatleute der selbsterzeugte Strom dennoch viel billiger, denn er verkleinert die jährliche Stromrechnung direkt. Die vier Stromkonzerne können an dieser Konkurrenz also kein Interesse haben zumal diese Anlagen ja auch noch zu den eigenen Kraftwerken in Konkurrenz stehen. Anders ist das bei kleineren Stromversorgern (EVU), die ihren Strom oft auch bei E.on oder RWE kaufen müssen.
Hier aktuellere Grafiken.
Weshalb kein Boom?
Weshalb, so muss man sich also fragen, setzt sich die Technik nicht von allein boomartig durch? Die Antworten darauf sind vielfältig und wir werden sie in weiteren Artikeln behandeln. Dieser kuriose Zustand, dass die Marktwirtschaft an dieser Stelle anscheinend versagt, hat einen ganz anderen tieferen Grund. Wenn Energie bisher das Geschäft der Großen war, dann sind alle Gesetze, Regelungen und Verordnungen, darauf zugeschnitten. Und diese Regelungen passen nur zu einer zentralen Struktur, so wie man sie in der alten Energiewelt kennt. Sie passen nicht in eine dezentrale Struktur wie sie die Energiewende erfordert. Sie unterscheidet sich gehörig zu den Bedürfnissen einer dezentralen Struktur, die die Energiewende mit sich bringt. Die großen Energieversorger haben jedoch immer noch das Heft in der Hand. Wenn ein neuer Konkurrent auf dem Markt erscheint wird man ihm nicht freiwillig den Markt überlassen und ihm zuliebe die Gesetze und Verordnungen so verändern, dass sie für eine Energiewende passen, die wir allein aus Klimaschutzgründen ganz dringend brauchen. Vor allem auch dann besonders nicht wenn dieser Konkurrent aus Millionen Privathaushalten und Gewerbetreibenden besteht. Aus dem Grund möchte ich heute das ganze Kapitel „Strukturkonflikt“ aus Hermann Scheers Buch „Der Energethische Imperativ“ vorstellen. Hermann nannte diesen Konflikt in seinen Vorträgen auch den Energiesystemkonflikt. Hier im Blog findet sich schon der Artikel Energiesystemkonflikt, der genau dazu Stellung nimmt. Ich schrieb ihn einige Zeit vorher, bevor ich das Buch von Hermann Scheer in die Hand bekam.
Strukturkonflikt – Hermann Scheer – Energiesystemkonflikt.
Die Systemdifferenz ist der dritte große Unterschied zwischen konventionellen und erneuerbaren Energien, neben dem Unterschied zwischen nur noch begrenzter und dauerhafter Verfügbarkeit und dem zwischen Emissionen einerseits und null Emissionen andererseits. Sie ist objektiver Natur und darf nicht aus subjektiven Gründen der Konfliktvermeidung verwischt oder aus Gedankenlosigkeit unbedacht bleiben. Die mangelnde Beobachtung dieser Systemdifferenz führt zu schweren strategischen Denkfehlern (die der Energiewendebefürworter). Dazu gehört der Denkfehler, dass der Bann der Energiewirtschaft gegen erneuerbare Energien gebrochen wäre, sobald diese wettbewerbsfähig sein oder gar kostengünstiger produzierten. Dies ist jedoch ein systemischer Irrtum. Das konventionelle Energie System ist entlang des von ihm organisierten Energieflusses organisiert. Wenn aus diesem das wichtigste einzelne Element – das Kraftwerk – herausgenommen und durch eine Stromproduktion aus erneuerbarer Energie ersetzt wird, hat das unmittelbare Auswirkungen auf die diesem Kraftwerk vor- und nachgelagerten Einrichtungen. Die zuvor eingesetzte Primärenergie muss einen anderen Abnehmer finden oder wird gar nicht mehr nachgefragt. Das hat Auswirkungen auf die Primärenergiepreise und auf die Wirtschaftlichkeit der Transportinfrastrukturen. Gleiches gilt für den nachgelagerten Bereich, vor allem für das auf die Kraftwerksstandorte zugeschnittene Stromübertragungsnetz. Fällt ein Standort aus, weil der alternative Strom an anderer Stelle produziert werden kann, wird auch ein Teil des bestehenden Übertragungsnetzes überflüssig. Strom aus erneuerbaren Energien wird aber praktisch nie an denselben Standorten produziert wie konventionell erzeugter Strom, sondern in der Regel an vielen Standorten in kleinen Produktionseinheiten.
… vorzugsweise außerhalb seines Bezugssystems
Ob, wann und wie also ein Energiekonzern herkömmliche Energie Angebote durch erneuerbare Energien ersetzen wird, ergibt sich nicht in erster Linie aus einer isolierten Kostenbetrachtung der Stromerzeugung. Die Entscheidungskriterien der Energiekonzerne haben andere Hintergründe. Sie erklären, warum z.b. ein Energiekonzern der Kohlekraftwerke betreibt, zugleich im Kohlebergbau tätig ist (sich also selbst mit Brennstoffen beliefert) und auch noch Eigentümer des Übertragungsnetzes ist, sich gegenüber in erneuerbaren Energien zögerlich verhalten wird, weil sie das eingespielte System stören. Wenn dieser Energiekonzern dennoch in erneuerbare Energien investiert, dann vorzugsweise außerhalb seines Bezugssystems. Der deutsche Stromkonzern Eon investiert in Windkraftprojekte in Großbritannien statt in Deutschland, weil er so seine angestammten Kreise nicht stört. Er verhält sich systemlogisch, ebenso wie es auch andere Stromkonzerne tun. Mit anderen Worten: Die Stromerzeugungskosten oder auch die Brennstoffkosten für herkömmliche Energien sind für einen Stromkonzern nicht die einzigen Entscheidungskriterien, und nicht einmal die unbedingt wichtigsten. Entscheidend sind die jeweiligen Systemkosten des Unternehmens. Gleiches gilt für den Kraftstoffsektor: Benzin, Diesel und Kerosin werden in Ölraffinerien produziert. Die jeweiligen Derivate dieser Produktionssegmente stellen Sekundärstoffe dar, die etwa für die Produktion von Schmierölen, Düngemitteln und Kunststoffen genutzt werden. Fällt eines dieser Nebenprodukte aus der Verwertung, wird es zum Abfall. Solche internen Rückkopplungen erklären die geringe Flexibilität des etablierten Energiesystems gegenüber Substitutionen durch andere Anbieter, die den Betrieb stören.
Gefangene ihres eigenen Systems
Die Energiekonzerne sind Gefangene ihres eigenen Systems. Ihr spezifisches Problem stellen sie jedoch gern als allgemeines dar, indem sie ihre Unternehmensratio zur volkswirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Rationalität verklären. Sie sehen die Einführung erneuerbare Energien aus ihrem Blickwinkel, aber nicht aus dem des gesellschaftlichen Gesamtinteresses. Wenn sie sich daher auf erneuerbare Energien zubewegen, dann nur in dem Maße, wie sie das eingespielte System nicht durcheinanderbringen. Erneuerbare Energien sind dann zunächst nur Ersatz oder Ergänzung. Der systemische „worst case“ für die etablierten Energiekonzerne trifft ein, wenn der Durchbruch zu erneuerbaren Energien durch andere schnell und auf breiter Front erfolgt, sodass ihnen das Geschehen aus den Händen gleitet. Um nicht abgehängt zu werden, sind sie deshalb aktuell zu Eigenaktivitäten für erneuerbare Energien gezwungen, werden dabei aber immer für sie systemgerechte Ansätze bevorzugen.
Die Bedrohung kann jeder ermessen
Wie bedrohlich der Wechsel zu erneuerbaren Energien für die Energiekonzerne ist, kann jeder ermessen, der sich konkret vor Augen führt, was geschieht, sobald dieser an Fahrt gewinnt. Jeder kann sich selbst die Frage beantworten, für wen die jeweilige Entwicklung vorteilhaft oder nachteilig ist. Es ist ein Wechsel
- von Import Energie zu „heimischer Energie“, in allen Import Ländern, wozu die Mehrzahl der Länder gehört;
- von kommerzieller zu nichtkommerzieller Primärenergie, die weder gefördert noch aufbereitet werden muss und außerdem nichts kostet;
- von einer teilweise über den halben Erdball reichenden Transportinfrastruktur für die Lieferung von Primärenergie (Pipelines, Schiffe, Züge, Tankwagen) zu einer Primärenergie, die keine Transportinfrastruktur braucht;
- von konventionellen Energiespeichern zu neuen Speicherformen für die bereits in Strom und Wärme umgewandelten erneuerbaren Energien;
- von wenigen Großkraftwerken zu zahlreichen Kraftwerken an vielen Standorten, und damit von wenigen Anbietern und konzentrierter Kapitalakumulation zu vielen Anbietern, breit gestreuter Kapitalbildung und Wertschöpfung;
- von vielen Hochspannungsleitungen, ausgehend von Großkraftwerken, zu einer Netzinfrastruktur die von regional breit gestreuten Produktionseinheiten ausgehen muss;
- von der gegebenen Energiewirtschaft zur Produktion von Technologien, um erneuerbare Energien ernten, umzuwandeln und nutzen zu können.
Die einzige Ausnahme bildet die Bioenergie, weil hier die Primärenergie produziert, aufbereitet und bezahlt werden muss, was sowohl im klein- wie im großunternehmerischen Format denkbar ist. Auch hier werden sich jedoch Lieferströme bzw. Bereitstellungsketten grundlegend von denen der fossilen Energien unterscheiden.
Ein Reservat von Großunternehmen
Das konventionelle Energiesystem musste aufgrund der im globalen Maßstab notwendig gewordenen Entkopplung von Energieförderung und Energieverbrauch zwangsläufig zu einem Reservat von Großunternehmen werden, die sich aus Gründen eigener Systemerhaltung immer mehr internationalisieren. sie folgen damit der Systemlogik der konventionellen Energiequellen – ob als Importeur oder als Exporteur. Mit dem Wechsel zu erneuerbaren Energien werden fast alle Elemente des bisherigen Systems nach und nach funktionslos, mit den Zwischenstadien sinkender Kapazitätsauslastung. Der Wechsel zu erneuerbaren Energien geht zu Lasten der bisherigen Energiewirtschaft und von deren Zulieferern, weil deren herkömmliche Systemelemente Zug und Zug unwirtschaftlich werden. Einen Zeitpunkt, an dem ihre Anlagen zugleich abgeschrieben sind, gibt es nicht einmal theoretisch. Bereits Abgeschriebenes oder Veraltetes steht neben Neuinvestitionen.
Ein schneller Energiewechsel
Ein schneller Energiewechsel, der objektiv möglich ist, erscheint konventionellen Energiekonzernen deshalb unmöglich – und ist es aus ihrer Sicht auch, wenn sie Kapitalvernichtung vermeiden wollen. Deshalb versuchen Sie, den Wechsel zu erneuerbaren Energien entweder zu verhindern oder zu verschleppen und in jedem Fall unter ihre Kontrolle zu bringen. Weil sie selbst behindert sind, behindern sie andere. Sie folgen einer konzernwirtschaftlichen Ratio, die weder eine industriewirtschaftliche noch volkswirtschaftliche oder gesellschaftliche Rationalität sein kann. Sie sind Verlierer des schnellen Energiewechsels – es sei denn, sie wären zu einer radikalen Selbstreform an Haupt und Gliedern unter Inkaufnahme schwerwiegender aktueller Verluste fähig und bereit. Aber welches Konzernsystem war dazu je in der Lage – zumal, wenn es mit so vielen räumlich weit auseinander liegenden Systemelementen verkettet ist? Das ein Stromkonzern – wenn schon, denn schon – solare Großkraftwerke oder große Windparks auf hoher See vorzieht, kann daher nicht überraschen. Er wird das damit begründen, dass dies der „wirtschaftlichere“ Ansatz sei. Aber wirtschaftlich für wen? Diese Vorlieben haben systemische Gründe und nicht allgemeingültig wirtschaftliche. Welche Technologie der erneuerbaren Energien – und damit welche ihrer Quellen – die wirtschaftlichere ist, hängt immer mit von deren Anwendungszweck und den Systembedingungen des Investors ab.
Der Wechsel zu erneuerbaren Energien
Der Wechsel zu erneuerbaren Energien ist also unweigerlich ein Konflikt zwischen zwei unterschiedlichen funktionierenden Energiesystemen. Erneuerbare Energien erfordern andere Techniken, Anwendungen, Standorte, Infrastrukturen, Kalkulationen, industrielle Schwerpunkte, Unternehmensformen, Eigentumsverhältnisse und vor allem andere rechtliche Rahmenbedingungen! Die Schrittmacherrolle für erneuerbare Energien kann nicht bei den Systemträgern der konventionellen Energieversorgung liegen, also der gegenwärtigen Energiewirtschaft. Diese kann sich nicht neutral gegenüber allen Energiequellen verhalten, weil ihr Systemzuschnitt auf die herkömmlichen Energien ausgerichtet ist. Weil der Energiewechsel schnell gehen muss, kann er nicht von denjenigen abhängig gemacht werden, die ein wirtschaftliches Eigeninteresse an einer Verlangsamung haben. Nach einer äußerst kontroversen Fernsehdiskussion, die ich mit Vorstandsvorsitzenden eines deutschen Stromkonzerns darüber hatte, sagte dieser mir anschließend “persönlich vertraulich”: „Sie haben leider recht. Aber wenn ich das öffentlich zugebe, bin ich morgen draußen.Was würden Sie denn tun wenn sie auf meinem Stuhl säßen?“ Ich konnte ihm nur sagen, dass ich mich nicht auf seinen Stuhl setzen würde, allerdings auch kein Mitleid habe, weil er für seine Berufslüge eine Entschädigung in Millionenhöhe bezieht. Die bestehenden strukturellen Barrieren gegenüber erneuerbaren Energien würden in der Praxis selbst dann weiterwirken, wenn die Konzerne sich vom Weltbild der konventionellen Energieversorgung gelöst hätten. Die treibenden Kräfte für den Wandel sind dagegen jene, die am wenigsten mit der in etablierten Energiewirtschaft verflochten sind. Jede Strategie die das übersieht, verfehlt ihr Ziel.
Wer mehr aus dem Buch nachlesen möchte, dem verlinke ich hier eine Leseprobe, die auch dieses Kapitel, aber drüber hinaus noch einiges mehr beinhaltet. Wir müssen also über neue Strategien nachdenken… Es gibt noch viel zu tun. Vergeuden wir nicht unsere Zeit. Also locker bleiben und Energiewende-Rocken Sonnige Grüße Euer Klaus Müller
Hermann Scheers Energiesystemkonflikt kann man ignorieren. Damit würde man die Machtverhältnisse der Energiewirtschaft ignorieren. Wenn dann die Verlierer bestimmen wo es lang geht wird es teuer. https://energiewende-rocken.org/strukturkonflikt-hermann-scheer-energiesystemkonflikt/
Sonnige Grüße
Klaus Müller
Energiewende-Rocken
In den 1990er Jahren veröffentlichte der niederländische Ökonom Robert Wendt ein Buch mit Titel „Wer hat Angst vor der Globalisierung?“. Darin trifft er eine bemerkenswerte Feststellung: Sämtliche Rohstoffmärkte der Welt – ob Metall, Mineralien oder biologische Produkte – werden von etwa sechs großen Playern beherrscht. Das hatte mich seinerzeit sehr beeindruckt und andauernde Aufmerksamkeit erzeugt. Tatsächlich ließen sich, wohin der Blick auch fiel, derartige oligopolistische Strukturen feststel-len. Jedenfalls auf den sogenannten freien Märkten. Offenbar findet sich darin ein Optimum für die Beteiligten. Der Aufwand, weitere Mitbewerber vom Markt zu drängen, wäre wohl zu hoch und auch gefährlich.
Auf der anderen Seite sorgt das geballte, austarierte Gruppeninteresse mittels seine Marktbeherrschung dafür, dass nicht weitere Marktteilnehmer in die je gegebene Phalanx eindringen und einen Platz bean-spruchen können. Das kann vermutlich nur auf zwei Wegen aufgebrochen werden: zum einen durch eine strikte staatliche Regulierung. Allerdings sorgt die Kapitalmacht dafür, dass solche Ansätze nicht viel mehr als öffentliche Anerkennung erwerben können. Zum anderen sind es Schubinnovationen, das plötzliche Emergieren völlig neuer Marktsegmente. So geschehen mit Amazon, Google und Facebook. Eine derartige „Überrumplung“ war im Feld der erneuerbaren Energien nicht möglich. So bleibt also der Widerstand jener, die durch Konzentration und Zentralisierung profitieren, weiterhin wirksam. Alle An-sätze zu dezentralen Lösungen, die sich gar den Märkten entziehen, werden von diesen Playern so weit es nur geht unterdrückt. Und in der Politik finden sich immer starke Fraktionen, die dank einer Mixtur von Machtteilnahme und beruflich-finanzieller Gratifikationen das Spiel in diesem Sinn betreiben.
Mit dem Klimagau ergibt sich nun, dass alle mehr oder weniger an einem Strang ziehen müssen, um zu überleben. Die oft anklingende Erwartung,das Problem sei mittels der Summe der vielen kleinen Aktivitäten zu lösen, beruht auf euphemistischen Deutungen. Vielmehr kommt es darauf an, eine innovationspolitische Doppelstrategie umzusetzen, die Zentral-Dezentral nicht als Widerspruch sieht und zugunsten einer Seite auflösen will. Vielmehr gilt es – nicht zuletzt auch, um verzögernden Widerständen nicht immer wieder neue Nahrung zu geben – diese Verhältnisse zum Aufsatzpunkt von Synergie zu wählen. Also das eine zu tun, ohne das andere zu lassen, und aus einem reibungslosen Zusammenwirken beider Grundpositionen Zusatznutzen zu erzeugen. Das dürfte die einzige Chance sein, zumal angesichts des Zeitdrucks, dem Klimaproblem adäquat zu begegnen. Dies wiederum mittels inno-vativer technisch-organisatorischer Ansätze, in denen sich verschiedene Interessen wiederfinden kön-nen.
……………..Es ging um den Atomausstieg, da war der Ausstieg und dann wieder der Einstieg und dann erneut der Ausstieg mit der Planung eines gigantischen transeuropäischen Übertragungsnetzes.
Das heißt in diesem Netz gibt es keine Grenzen, der Strom fließt dahin wo der geringste Widerstand ist. So konnte man getrost beschließen keinen Atomstrom in Deutschland mehr zu produzieren, was auch gesetzlich beschlossen wurde, nicht beschlossen wurde jedoch das Verbot Atomstrom in Deutschland zu verbrauchen. So soll, wenn sämtliche Atomkraftwerke abgeschaltet sind, der Atomstrom, wenn es hier zu Lande an Strom fehlt, weil keine Sonne scheint und kein Wind weht dann über so eine Monsterleitung aus dem Nachbarstaat automatisch nach Deutschland fließen. Die erste Leitung wird der Ersatzneubau Ostbayernring sein der es ermöglicht tschechischen Atomstrom nach Bayern zu holen.
Tschechien lehnt bei der europäischen Energieplanung erneuerbare Energien ab und setzt nach dem geplanten Kohleausstieg auf Atomenergie und so plant es 2 Atomkraftwerke zu bauen durch die Bayern zum Teil mitversorgt werden soll.
So war der eigentliche Plan unserer Regierung beim Atomausstieg. Mit dieser Planung konnte man die Demos in Deutschland umgehen und hatte weiterhin eine sichere Versorgung, ähnlich dem bisherigen Versorgungssystem, mit der Ausnahme, dass diesmal der Atomstrom aus den Nachbarländern kommt.
Ein Atomkraftwerk hat eine Laufzeit von ca. 40 Jahren, die deutschen Atomkraftwerke kamen in die Jahre und hatten diese Laufzeit bald auf den Buckel, es musste nun überlegt werden wie es weiter gehen soll, und da kam die Lösung mit dem Netzausbau und wie man die gutgläubige Bevölkerung an der Nase herumführen kann.
Die Erneuerbaren sind der Grundstock für ein total anderes Versorgungssystem, um dieses durchzusetzen braucht man Mut und Zusammenhalt.
Damit sich die Bundesregierung aber bei der künftigen Energieversorgung weiterhin nach dem Plan der Übertragungsnetzbetreiber richten kann hat man bei den Erneuerbaren einen Stolperstein nach dem anderen eingebaut, die dann eine gesicherte Leistung unmöglich machten.
Hier kommt nun die Digitalisierung und die künstliche Intelligenz den Erneuerbaren zur Hilfe, damit hat keiner vor 10 Jahren gerechnet, diese innovative Entwicklung schreitet mit einer solchen Geschwindigkeit voran, dass die Energieversorgungsplanung der Regierung bis zum Ende nicht mehr mithalten kann. Für sie wäre es höchste Zeit umzusteigen. Was sie aber so lange nicht tun wird bis der Karren so tief im Dreck steckt, dass er nicht mehr rauskommt, ihre Berater sind die 4 transeuropäischen Trassenbauer, die hier das große Geschäft riechen.
Der fast CO2 freie Atomstrom kommt wiederum den Plänen der Regierung als gutes Argument zur Hilfe. Aber ob das dann ausreicht die Klimademonstranten auf Ihre Seite zu holen ist fraglich. Denn nur so könnten sie noch glaubwürdig wirken.
Lieber Herr Müller, ich stimme Ihnen wesentlich zu, möchte nur ein wenig die Perspektive ändern:
Der globale Siegeszug der PV ist ungebrochen, seid 1990 mit jährlicher Steigerung der installierten Leistung um 33% (!), seid 2010 sogar CAGR von 40%! Ende 2016 hatten wir 300 GW installiert, 2017 allein wurden 100 GW zugefügt! Insoweit funktioniert die Ökonomie der RE ganz beeindruckend, weltweit.
Aber ich stimme Hdrrmann Scherr vollkommen zu dass die globale Energiewende basierend auf der Ökonomie allein zu langsam sein wird: wir werden 2050 vielleicht 80% RE erreichen, aber 500 ppm, 600ppm oder mehr CO2 in der Athmosphäre, mit katastrophalen Folgen für die Stabilität unseres Klimas! Daher brauchen wir meines Erachtens eine starke, globale Bewegung mit Millionen followers, die die Regierungen bewegen raschest möglich umzusteigen und nicht darauf zu warten dass die Ökonomie der RE es sowieso richten wird! Was meinen Sie dazu? Let‘s do it!!
Volle Zustimmung, lieber Eicke Weber. Eigentlich dürfen wir nichts anderes mehr auf die Agenda nehmen. Ich hoffe, dass sich die Denklücke, vom Klimaschutz hin zu Erneuerbaren, hin zur Zukunftstechnik endlich schließt. Und der richtige Ort dafür wäre Deutschland. Ich denke darüber nach wie man dieses Thema besser und effektiver zu kommunizieren und in Angriff nehmen kann.
Let’s do it !!!
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank, dass Sie sich der Werke von Hermann Scheer annehmen und diese rezensieren und verdeutlichen. Es ist halt eine nicht immer einfache Lektüre. Aber nichtdestotrotz extrem wichtig. Das Verständnis der Systemlogik eines zentralisierten Energiesystems ist wichtig, um den Wechsel herbeiführen zu können. Alles Gute Norbert Leitner. P.S. Postfach ist öfters voll, weil ich aufgrund von Dienstreisen nicht zum Entleeren komme..