Last Updated 13. Juli 2021
Die Überschrift, „Macht ein Rechenfehler E-Autos sauberer als sie sind“, versehen mit einem Fragezeichen, macht aus einer Lüge keine Wahrheit. Journalistische Mettbrötchen und Elektro-Gate.
Was willst du machen, wenn bei den meisten die einfachsten Mathematik- und Physikkenntnisse fehlen?
Und um es vorwegzunehmen, die Rede ist nicht von unseren Schulkindern, die Rede ist von unseren Journalisten und auch von unseren Politikern. Ja und das klingt sehr hart und ich entschuldige mich vorsorglich schon mal bei den aufrichtigen Journalisten die eine anständige und gute Klima- und Energiewende-Berichterstattung machen. Und ja, auch die gibt es und ich bin ihnen sehr dankbar, dass sie eine gute Arbeit machen, aber es sind leider noch viel zu wenige. Politiker gibt es da eher weniger, bei denen man sich entschuldigen müsste, denn das 1,5° Klimaziel sollte für alle gelten und da gilt es sogar noch bei denen noch nachzubessern, die es wollen, aber das müssen wir bei den nächsten Wende-Rocken-Post bringen. Und dann soll es heute auch noch um „schmutzige eAutos“ gehen…
Dreckiger Vorwahlkampf und es wird noch härter
Der Wahlkampf wird inzwischen dreckig bis unerträglich, egal was die Grünen vorbringen es wird alles „zerstört“ was man zerstören kann. Und natürlich geht es den jetzigen Regierungsparteien um deren Machterhalt. Aber leider geht es dabei auch um „grüne Themen“ die bei dieser Zerstörungswut unter die Räder kommen. Wenn man denn glaubte, es wäre in Sachen Klimawandel eigentlich genug gesagt, sodass wir nun endlich mal mit dem Klimaschutz beginnen können und wenn man glaubte es gäbe jetzt ausreichend viele Gerichtsurteile, die ja völlig klar benennen, wo die Fehler in der Politik gemacht worden sind, und auch wer die Verursacher sind, dann stellt man eigentlich das Gegenteil fest. Es gibt ein politisches und journalistisches Alltagsgeschäft und das eine ist ziemlich „dreckig“, das andere ziemlich naiv, wenn wir bei der Reihenfolge Politik und Journalismus bleiben wollen. Das was sich in den politischen und journalistischen Gefilden auf hoher Ebene tut, fühlt sich so an, als hätte man rein gar nichts verstanden und macht, weil die gute Position der Grünen Partei oder eben auch der grünen Themen nur stören, nun mit noch platteren Darstellungen und Falschbehauptungen weiter. „Irgendwie müssen wir das Thema stoppen, kleinkriegen und in unsere Richtung lenken“ ohne überhaupt einen plausiblen Plan vorweisen zu können.
Die zerstörung Grüner Themen, im Rahmen der ausgewogenen Berichtertstattung
Für die „Zerstörung“ grüner Themen reichen lediglich Andeutungen, es reicht eine Bemerkung und alles ist klar, „wir alleine können die Welt doch nicht retten“ – oder „die Energiewende ist eben viel zu teuer, wer soll das bezahlen und den sozial Schwächeren kann man das doch nicht auch noch aufbürden“ – oder „das eAuto ist eben doch großer Quatsch, ein Irrweg“. Währenddessen aber wird die eigentliche Sache mit jedem ungenutzten Tag schlimmer. Klimaschutz wird nicht betrieben, auch wenn Gremien immer häufiger tagen. Man tut nur so als hätte man verstanden. Man vertröstet mit Wasserstoffmythen auf später und der Ausbau von Solar- und Windenergieanlagen steht eben nicht auf der Agenda und Journalisten haben dazu keine Meinung, weil sie von dem „schweren, trockenen Stoff“ eben nichts verstehen.
Und am Ende des Jahrhunderts wird es nicht nur 4 Grad wärmere Temperaturen gehen, nein es geht dann um eine nicht mehr „reparierbare“ Erdsystementwicklung, die am Ende kaum noch menschliches Leben zulassen kann. Das bedeutet dann, egal was wir dann noch tun, das Klima ist dann umgekippt und man kann es für Jahrtausende nicht mehr zurückholen. Das hat mit den Kipppunkten zu tun, mit denen sich Journalismus dringend beschäftigen müsste und von denen Klimawissenschaftler jetzt immer wieder reden. Politiker haben das bis auf sehr wenige eben auch nicht verstanden. Am Ende des Jahrhunderts werden dann möglicherweise kaum noch Landstriche existieren, in denen man überhaupt noch Leben kann, mit allen Nebenwirkungen, die bei einem drastisch dezimierten Lebensraum für Menschen dann gegeben sind. Die Menschheit wird sich um diese Lebensräume prügeln und diejenigen, die die besten Plätze haben werden die höchsten Mauern bauen. Die anderen werden verrecken.
Während Rezo in seinem Video „die Zerstörung der CDU“ jede Menge Quellen nannte und damit richtig viel „Hausaufgaben“ gemacht hatte und genau deshalb mit diesem Video eine so hohe Reichweite von über 18 Mio. Views erreichte, haben unsere Medien und Journalisten so etwas aus „Kompetenzgründen“ nicht nötig, Hausaufgaben schwänzen inkl.. Medien haben eine journalistische Sorgfaltspflicht – ihre journalistische Ausbildung verpflichtet sie sozusagen dazu. Nur scheint es für eine korrekte Berichterstattung in Sachen Klima und Notwendigkeit einer schnellen Energiewende nicht zu reichen. Wenn es aber darum geht in Wahlkampfzeiten grüne Themen zu verhindern, tun sie was sie glauben tu zu müssen, mit der Begründung einer Ausgewogenen Berichterstattung. Es darf eben nicht sein, was nicht sein darf. Wenn Ausgeglichenheit dann aber durch Unswissen und Unfähigkeit gekennzeichnet ist, dann geht leider der notwendige Klimaschutz den Bach runter.
Wenn Annalena Baerbock erwähnt, dass man den Benzinpreis um 16 ct. erhöhen müsste und dies auch begründet, und außerdem auch einen sozialen Ausgleich für die Schichten fordert und verspricht, die sich das nicht leisten können, dann reicht es den letzten Teil der Meldung einfach wegzulassen. Auch wenn zugleich aber eine Benzinpreiserhöhung von der CDU kommt, die ohne sozialen Ausgleich 15 ct Benzinpreisanstieg mit sich bringt. Das ist alles Sch…egal – man muss jetzt handeln als konservativer Journalist. Und so zerstören dann einige Journalisten das Renommee der eigenen Zunft gleich mit aber auch das ist alles egal, die Grünen oder andere Parteien, denen Klimaschutz wirklich wichtig ist, dürfen nicht gewinnen.
Journalistische Mettbrötchen
Journalistische Sorgfaltspflicht wäre tatsächlich angesagt, so steht es auch im Pressekodex, aber Pressekodex hin oder her, jetzt wird erstmal draufgehauen. Und das was wir jetzt erleben ist erst der Beginn vom Wahlkampf. Ich erwarte da eigentlich noch viel härtere Dinge – wir stehen erst am Anfang dieser Schlammschlacht und Sachen, die wir eigentlich längst als „erledigt“ abgehakt hatten, werden jetzt zum 132. Mal aus der Mottenkiste hervorgezerrt und neu verhackstückt. Klimajournalismus und Energiewende-Journalismus funktioniert in Wahrheit gar nicht.
80.000 Journalisten, die diesen Beruf ergriffen haben, weil es in Mathe und Physik zu keinen ausreichenden Schulnoten gereicht hat, werden auch in 10 Jahren immer noch fragen, „ja wie will man denn ein ganzes Land mit Solar- und Windenergie versorgen, wenn die Sonne nachts nicht scheint und der Wind nicht immer weht?“. Weiterbildung geht nicht, weil man ja Geld verdienen muss und so zerstören Journalisten das, was ihnen auch im Sinne Ihrer Kinder wertvoll sein müsste. Sie sind mitverantwortlich, wenn wir nicht das tun, was wir tun könnten.
„Journalistische Mettbrötchen mit Zwiebeln“ nenne ich das, wenn in einem Artikel beim genaueren Nachlesen gelegentlich nicht mal gelogen wurde, Sachverhalte möglicherweise eher unklar dargestellt werden, aber die Überschrift selbst die glatte Lüge darstellt, weil sie am Ende dieses Fragezeichen hat. Da legt man nach dem lesen der Überschrift die Zeitung dann an die Seite oder blättert um zum Sportteil weiter ohne den Artikel überhaupt gelesen zu haben und alles ist klar, denn der Bauarbeiter beißt dann seinerseits ins Mettbrötchen und sagt zum Kollegen, „siehste – diese Grünen Spinner hier nun wieder mit ihren eAutos und so nen Dreck wollen die auf die Straße bringen“. Journalistischer Auftrag erledigt, der Chef freut sich.
Apropos eAuto, da gabs dann ja mal wieder so einen Hammer, den man nicht für möglich hält. Da gibt es 170 Wissenschaftler die behaupten, das eAuto wäre doch der falsche Weg, sie hätten es nachgerechnet. Und der Fokus titelte prompt:
Nach Diesel-Gate nun Elektro-Gate? Wissenschaftler kritisieren Rechenfehler bei E-Autos
Und Fokus weiter:
In kürzester Zeit soll sich Europa vom Benzinmotor verabschieden. Aber die Klima-Rechnung geht nicht auf, behaupten Experten – da Emissionen falsch berechnet würden. Unter Forschern entbrennt nun eine heiße Debatte. FOCUS Online erklärt die Hintergründe.
Und ganz klar, Medien machen Meinung. Einer der Spezialisten im Fokus ist Sebastian Viehmann.
Und eines ist sicher, wenn Viehmann wieder einmal journalistisch „zugeschlagen“ hat, dann stimmen die Abstimmungsergebnisse über das eAuto auch wieder. 70% richten sich hier ganz klar gegen das eAuto. Guter Journalismus?
Solche Abstimmungsergebnisse kommen nicht von ungefähr, sie werden „gemacht“.
Alle machen mit
Aber im Grunde genommen ist es egal, ob Autobild, Fokus, Zeit, Automobilwoche, FAZ, usw. – sie alle reichen einen dpa-Artikel einfach weiter oder stürzen sich so richtig in das Thema rein, ohne die notwendige Recherche. Und dabei wäre es doch so einfach gewesen zunächst einmal die Interessenlage der Protagonisten in einem dpa-Artikel zu klären. Professor Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) wird in dem dpa-Machwerk genannt, der anscheinend federführend für die 170 Wissenschaftler spricht. Journalistisch hätte ja ein Klick genügt um dessen Motivation herauszufinden. Beim KIT lesen wir sofort: „Seit 2013 ist Prof. Dr. sc. techn. Thomas Koch Leiter des Instituts für Kolbenmaschinen am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und verantwortlich für die verbrennungsmotorischen Belange in den Bereichen Forschung, Lehre und Innovation.“. Es ist also klar, dass ist jemand die Verbrennungsmotoren am Leben erhalten will und damit auch seinen Job am Institut. Auch wenn das kaum noch möglich sein wird, Tony Seba lässt grüßen.
Nun die gute Nachricht. Das KIT hat auch Professoren, die in dieser Sache vollkommen entgegengesetzter Meinung sind und die Rechenfehler dieser 170 Wissenschaftler inkl. Prof. Dr. Thomas Koch auseinandernehmen und in der Luft zerreißen. Und das macht in diesem Fall Professor Martin Doppelbauer. Deshalb sollten Sie sich unbedingt diesen Beitrag ansehen.
Vielen Dank an Stefan Moeller vom Youtubekanal nextmove und natürlich an Martin Doppelbauer.
Wer einen guten Überblick über die Dringlichkeit des Klimaschutzes braucht, dem empfehle ich den Vortrag von David Goeßmann. Auszug aus dem Video: „Wenn man sich anschaut, was die Zivilgesellschaft und was die Bevölkerung, die Bürger angeht, dann waren sie nicht gegen eine Energiewende. …. Was tatsächlich passiert ist, ist dass die Art und Weise wie in der breiteren politischen Öffentlichkeit über die Klimakrise gesprochen wurde, über Klimaschutzpolitik und über die Energiewende gesprochen wurde – die Bevölkerung nicht mitbekam was eigentlich in ihrem Namen geschah, dass wir uns auf einem Kurs „Klimakollaps“ befinden, bis heute, und was die besseren Alternativen gewesen wären.“
Ein Interview, dass ich jedem, aber vor allem unseren Journalisten empfehlen muss.
Klimawandel, Klimakrise oder sogar Klimakollaps?
Sonnige Grüße
Klaus Müller
Energiewende-Rocken und ee-mag
Nachtrag: Heftige Kritik hagete es in einigen Gruppen: Journalisten-Bashing hieß es. Nur gut, dass mir der Volksverpetzer beisprang und zur rechten Zeit kam. Der sagt nämlich folgendes:
RECHENFEHLER-FAKE DER VERBRENNER-LOBBY ZU E-AUTOS FORDERT AUS VERSEHEN RÜCKKEHR ZUR PETROLEUMLAMPE
KEINE 171 WISSENSCHAFTLER:INNEN, NUR 6. UND KEIN RECHENFEHLER
Na, habt ihr das auch gehört? Dass sich angeblich 171 Wissenschaftler:innen an die EU-Kommission gewandt und darauf im Namen der Organisation IASTEC darauf hingewiesen hätten, dass E-Autos nur aufgrund eines Rechenfehlers viel klimafreundlicher gerechnet worden seien? So vermeldeten es zumindest diverse Medienhäuser, von Focus über Bild, Welt, Stuttgarter Nachrichten und Tagesspiegel. Problem: An dieser Geschichte stimmt einfach mal gar nichts. Der Rechenfehler stimmt nicht, die Organisation gibt es nicht und die 171 Wissenschaftler:innen schrumpfen bei näherem Hinsehen zu 6 (In Worten: sechs) Wissenschaftler:innen – mit Interessenskonflikt.
WIE LEICHT MAN FAKE-SCHLAGZEILEN BEKOMMEN KANN
Es ist ja immer mal wieder bewundernswert, wie leicht große Teile der deutschen Presselandschaft sich bei einer viele Clicks versprechenden Meldung ihrer journalistischen Grundsätze entledigen und alles raushauen, was das Empörungskeyboard so zu bieten hat. Hauptsache die Wow- und Wütend-Reaktionen auf Facebook ballern schön rein. In diesem Fall ist es aber besonders schlimm:
Die 171-Wissenschaftler:innen-Rechenfehler-Geschichte ist wie ein Kuhfladen, den man in eine dieser golden schimmernden Isolationsdecken für Unfallopfer eingewickelt hat. Sieht von außen ganz hübsch aus, aber sobald ihr an einer beliebigen Stelle leicht reinpiekst, wirds eklig.
EINE MEINUNG MIT EINIGEN UNTERSCHRIFTEN IST NOCH KEINE WISSENSCHAFT
Ganz grundsätzlich ein Tipp von mir: Wenn es in einem Artikel darum geht, dass offene Briefe aus der Wissenschaft damit überzeugen wollen, wie viele massiv schlaue Leute und Nobelpreisträger:innen hinter einer Forderung stehen, wäre ich immer vorsichtig. In der Wissenschaft gibt es nicht umsonst ein paar sehr bewährte Verfahren, die den verzerrenden Einfluss von prominenten Einzelmeinungen korrigieren sollen. Ganz vorne mit dabei: Peer-Review, also das Begutachten eingereichter Studien von unabhängigen Profis desselben Fachgebiets.
Wer stattdessen eine Meinung veröffentlicht und möglichst viele Unterschriften darunterschreibt, umgeht dieses Verfahren. Das muss natürlich nicht heißen, dass offene Briefe aus der Wissenschaft grundsätzlich illegitim seien. Sie können auch das berechtigte Anliegen verfolgen, bereits gemachte wissenschaftliche Entdeckungen zu mehr öffentlicher Aufmerksamkeit zu verhelfen – sofern diese Entdeckungen eben aus seriöser Forschung hervorgegangen sind.
Die Sache geht sicherlich weiter, also bis dann…