Last Updated 13. November 2023
Veröffentlicht am: 13. Jan. 2022
Verdrehte Fakten vom Ölpreisschock zum Strompreisschock
Heute wird es hoffentlich ein kurzer Artikel. Nehmen wir mal an, Deine Miete für die Wohnung hätte sich verdoppelt, man hat also 100 Prozent draufgeschlagen und die Kosten für den Stellplatz fürs Auto sind auch gestiegen, aber nur um 10 Prozent gestiegen. Du wirst in dieser Geschichte nun erfahren, wie man es hinbekommt, dass Du Dich gegen die Preissteigerung beim Autostellplatz wehrst, gegen die Miete aber nicht. Allerdings geht es hier nicht um Mietkosten, sondern um Öl- und Strompreise. Dafür war diese Trickserei aber so nachhaltig, dass sie heute noch wirkt.
Wie der Ölpreisschock zum Strompreisschock gemacht wurde
Die neue Energiepreisdebatte tobt. Strom-, Gas- und Ölpreise steigen. Und für viele ist der Ausbau der Erneuerbaren samt CO2-Preis dran schuld. Und man appelliert berechtigterweise, die Armen sind die Leidenden. Nur hier werden zwei Dinge durcheinander geschmissen, Energiepreissteigerungen und Altersarmut. Egal was steigt, die Armen sind immer die leidenden. Die Lebensmittelpreise steigen auch und mancher hat am Monatsende sein Knapsen, aber sogar hier ist für einige die Energiewende dran schuld.
Um das einfach einmal klarzustellen, Altersarmut ist ein wichtiges, aber verdrängtes Thema ebenso wie Hartz4. Hier muss die neue Ampelregierung liefern. Dass aber dieses Thema gern mit der Energiewendeverhinderung gekoppelt wird, hat lange Tradition nicht nur in Deutschland. In meinem Artikel
Die große Stromlüge – Stromarmut in Europa und die Konzernmanager
habe ich darauf bereits im Dezember 2017 aufmerksam gemacht.
Und hier eine „nette Episode“ bei der es einem aber zu denken geben muss. Wir gehen ins Jahr 2011 – 2012 zurück. Die letzte Ölpreiskrise hat ihren Höhepunkt erreicht. Der Liter Heizöl wird erstmals für über einen Euro gehandelt. Heizöllieferanten fahren mit ihren Tanklastern die Kunden an, verkaufen aber statt ganzen Öltankfüllungen immer nur die Mindestmenge, von meist nur 400 Litern. Viele können sich nicht mehr leisten und hoffen damit wenigstens über den Winter zu kommen. Sehr viele Holzöfen werden verkauft und natürlich auch Brennholz, das aber auch im Preis gestiegen ist.
Und nun passiert etwas Ungewöhnliches, die Strompreise steigen auch, aber sie steigen sehr moderat. Diese Belastung ist für Haushalte eigentlich tragbar, denn für die meisten bedeutet das vielleicht 50 bis 100 EUR im Jahr mehr. Die Heizölkosten betrugen für viele mit einem Verbrauch von z.B. 3000 Liter jetzt 3000 EUR, gegenüber dem Preis von 2009 eine Preissteigerung von 1.200 EUR im Jahr. Das ist die zehnfache Steigerung gegenüber der Strompreisen.
Nun wird es verrückt…
Jetzt schlug die Lobby der Stromkonzerne zu, denn man hatte verstanden, die Erneuerbaren sind gewaltig dabei jedes Jahr zu wachsen, mindestens jedes Jahr um 30 Prozent. Die Solarenergie war denen am meisten ein Dorn im Auge, denn mit dem Wachstum fielen die Preise für Solaranlagen und damit stand fest, bald werden Photovoltaikanlagen günstiger Strom liefern, als konventioneller Strom an Haushalte verkauft wird.
Die Vergütung der PV-Anlagen ist hierbei als Maß für die Preise dieser Photovoltaikanlagen zu sehen. Mit einer gesicherten Rendite von ca. 6 Prozent war es egal, in welchem Jahr man sich so eine Anlage anschaffte, die Anlagen haben eine Lebenserwartung von > 30 Jahren, wie man inzwischen sehr sicher weiß. Damit steigt sogar die Rendite, weil wir nicht mit 20, sondern mit 30 Jahren rechnen sollten. Photovoltaik war also eine knallharte Konkurrenz für die Stromkonzerne, die gerade an den Haushaltsstrompreisen auch die größeren Gewinne machte, als mit Industriestrom.
Das konnten die Stromkonzerne nicht gebrauchen.
Man musste sich etwas einfallen lassen und man hat sich etwas einfallen lassen, eine Kampagne, die wir heute zum #eegParadoxon zählen, oder eben die Kampagne mit den Teufelsfratzen und anderen merkwürdigen Bildchen, auf denen es hieß: „Hilfe! Die Energiewende wird unbezahlbar“, oder „Die hohen Strompreise bringen uns um, oder ebenso: „Schluss mit dem Strompreis-Horror.
Die Kampagne kam von der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) und man muss sehr klar sagen, die Plakate hatten die Bevölkerung eigentlich gar nicht erreicht, und das war auch nicht der Zweck, für den sie gemacht waren. Neben ganzseitigen Zeitungsannoncen, vor allem in konservativen Zeitungen, waren sie hauptsächlich für die Politiker gemacht am Berliner Hauptbahnhof und hingen dort unübersehbar, wo Politiker zu Wochenbeginn ankamen, um zum Regierungsgebäude zu gelangen.
Die Bürger ärgern sich weiter über die Ölpreise…
Tina Ternus hatte damals die Geschichte auf mit dem #eegParadoxon aufgedeckt, danke dafür. Leider hat nur ein einziger Sender, „Die Anstalt“ vom ZDF, eine Sendung darüber gemacht. Auch heute sind unsere Journalisten mit dem Geschehen um die Energiepreise vollkommen überfordert und auch sie fallen auf die alten Tricks herein und unterscheiden selten die Energiepreisdebatte von der Altersarmut und ebenso wissen sie nichts oder viel zu wenig vom #eegParadoxon. Und schon gar nicht kommen sie auf den Gedanken, dass die Energiewende unsere Energie in Wahrheit billiger machen wird.
Diesen Vortrag auf Youtube ansehen.
Lobbypedia hat die Kampagne der INSM untersucht, sehr spannend zu lesen
Sonnige Grüße
Klaus Müller
energiewende-rocken und eemag
Weitere Links zum Thema:
ENTWICKLUNG DER ERDÖLPREISE
ZDF Die Anstalt zum #eegParadoxon
Faktencheck – Die Anstalt, Energiewende-Rocken mit dabei
Ein Blick hinter die Kulissen – die professionellen Kampagnen gegen die Energiewende
Die Warnung der Bundesnetzagentur
Die große Stromlüge – Stromarmut in Europa und die Konzernmanager
Parolen gegen die Energiewende
Das Verliererspiel – Nachhilfe für Politiker und Medien
Power to the People – Vortrag Hermann Scheer