Last Updated 14. Juli 2022
Diensteid-Dilemma – eine verzweifelte Lehrerin packt aus.
Deutschland ist ein demokratischer Rechtsstaat und das ist gut so. „Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt.“, so soll es angeblich Immanuel Kant geschrieben haben. Das Zitat wird ihm aber nur nachgesagt, in Wahrheit hat er sich da einigermaßen anders ausgedrückt, hier nachzulesen.
Klimakrise – Klimanotstand.
Es geht darum, wie diese Freiheit in einer Demokratie funktionieren soll, und auch darum, wo Grenzen sein müssen und ob die immer und in jedem Fall Bestand haben müssten. Wir haben einen Klimanotstand, der daraus besteht, dass Politik derzeit zu wenig für den Klimaschutz tut und wir wegen der Politik in Deutschland bereits 10 wichtige Jahre verloren haben, in denen mächtige Energiekonzerne mit Desinformationen und anderen unsauberen Mitteln dafür gesorgt haben, dass die Solar- und die Windbranche nahezu zerstört wurden. Die Folge: Ausbau der Erneuerbaren Energien liegt heute bei ca. 50%, er könnte aber jetzt bei ca. 80% liegen. Damit wären wir auch gegenüber ausländischen Gas- und Öllieferungen unabhängiger.
Wenn allerdings Menschen, und in diesem Fall Lehrer, darüber in ihren Unterricht durch eine einfache Dienstvorschrift gehindert werden können, über aktuelle Auswirkungen und über Proteste, darüber oder über Protestformen zu berichten, oder gar selbst an solchen Protesten teilzunehmen und Schüler ermutigen, das ebenso zu tun, dann haben wir ein großes Problem.
Diensteid-Dilemma – eine verzweifelte Lehrerin.
Schulen sollten der Ort sein, wo man für das Leben lernt. Das geschieht in der Regel in festen Schulfächern, mit klaren, festgesetzten Lernzielen. Aber es gibt auch Freiräume und es gibt auch Lernziele, die Unterrichtsfächer sozusagen mit einem Leitfaden verbinden sollen. Dieser Leitfaden ist die BNE (Bildung für nachhaltige Entwicklung). Gemeint ist eine Bildung, die Menschen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln befähigt. Sie ermöglicht jedem Einzelnen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen.
Lehrer erhalten damit eine große Verantwortung.
Durch hören/sagen hab ich immer wieder erfahren, so leicht ist die Umsetzung in den Schulen manchmal nicht. Viele Lehrer haben sich nicht mal mit BNE auseinandergesetzt und kennen deren Inhalte gar nicht oder haben nur eine sehr ungefähre Vorstellung von dem, was sie vermitteln sollten. Auch kommt mir manchmal zu Ohren, es gibt einige Lehrer, die den Klimawandel leugnen.
Eine Lehrerin, die ihre Aufgabe sehr ernst nimmt, ist Sabine Thie-Olliges. Sie weist mit diesem offenen Brief auf ein Dilemma hin, dass sich in ihrem Beruf bei der Umsetzung der BNE ergibt.
Hier ist der Text ihres offenen Briefes:
Offener Brief vom 02.06.2022: an alle staatlichen Bildungseinrichtungen und politischen Entscheidungsträger*innen
(Folgebrief/Fortsetzung zur “Schools for Future-Kampagne“: Diensteid-Dilemma 2021 vgl. hierzu auch: https://schoolsforfuture.net/de/petition/)
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir Lehrer*innen verpflichten uns zu Beginn
unserer Dienstlaufbahn, uns für den Schutz der
im Grundgesetz verankerten Werte einzusetzen.
„Aus diesem Eid bzw. dieser vertraglichen
Verpflichtung heraus besteht jedoch angesichts
von klimapolitischen Entscheidungen auf
Landes- und Bundesebene für Lehrer*innen ein
echtes Dilemma“ (vgl. hierzu: Kampagne
„Diensteiddilemma von „Schools for Future“,
Nora Oehmichen 2021).
Im „Artikel 20a“ heißt es, der „Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen“. Was sollen wir Lehrer*innen antworten, wenn junge Menschen uns fragen, warum Gesetze beschlossen werden, die ganz offensichtlich gegen „Artikel 20a“ verstoßen? Gesetze, die dazu beitragen, den CO2-Gehalt in der Atmosphäre weiter zu erhöhen bzw. nicht entsprechend auf die erforderlichen Werte abzusenken? Allein die Beibehaltung der Kohleverstromung bis 2038 oder das Klimapaket der Bundesregierung wird von der Wissenschaft als „ungenügend“ eingestuft.
Wir sind bis 2030 zur Umsetzung der die planetaren „SDG’s“ (deutsch: Globale Ziele für Nachhaltige Entwicklung) verpflichtet (vgl. hierzu auch: BNE-Erlass Niedersachsen, 01.03.2021/Nationaler Aktionsplan der BNE, Berlin 2017).
Wenn Kinder und Jugendliche mittlerweile nicht nur verabredet die Schule schwänzen, sogar die Ausbildung abbrechen oder komplett das Studium schmeißen, um Autobahnen zu blockieren, dann läuft etwas total schief.
Mein persönlicher Eindruck ist, unsere Kinder (z.B. Fridays for Future) wollen auf die Ursachen dieses Systemversagens aufmerksam machen, sie sind verzweifelt.
Ich möchte meinen Schüler*innen so gerne sagen: „Die Politiker*innen in Berlin sind unser aller Vorbild!“ Leider kann ich das aktuell aber nicht.
Laut Einschätzung der Wissenschaft reichen die aktuellen -Energie einsparenden Maßnahmen- bei weitem nicht aus, um das „Pariser Abkommen“ zu erreichen (1,5 Grad
Ziel). Meine Schüler*innen sagen, bis zum Jahr 2050 verlassen mehrere 100 Millionen Menschen aufgrund katastrophaler Klimabedingungen ihre Heimat.
Was sollen wir Lehrer*innen antworten, wenn wir gefragt werden, warum wir diese Katastrophe nicht verhindern? Was soll ich auf die Frage antworten, warum die Bundesregierung es zulässt, dass deutsche Firmen und Banken weltweit die CO2-Emissionen in die Höhe treiben bzw. spekulieren und dabei ökologische und soziale Standards unterlaufen?
Insbesondere wir (verbeamteten) Lehrer*innen sollten doch gewissenhaft alles dafür tun können, die Ziele des Grundgesetzes umzusetzen.
Das Wohlergehen unserer Kinder und die Zukunft der Menschheit betrifft UNS doch ALLE HÖCHSTPERSÖNLICH oder etwa nicht?
Schaffen Sie bitte Taten! Setzen Sie neben dem Pariser Abkommen auch den „Aktionsplan der Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ (BNE) im Sinne des „Whole
Institution Approach“ verpflichtend um!
Auch die öffentlich-rechtlichen Medien haben die Verpflichtung, wissenschaftlich fundierte „Lösungsstrategien zur Bewältigung“ der Klimakatastrophe aufzuzeigen. Der „Earth Overshoot Day“ in Deutschland (nationaler Erdüberlastungstag) war am 04.05.2022 und wurde in nur wenigen Sekunden berichtet. Sprechen Sie sich für eine angemessene Berichtserstattung aus, wir haben nur einen Planeten!
Prof. Schellnhuber hat am 20.10.2019 gesagt: „Ich sage
Ihnen, dass wir unsere Kinder in einen globalen Schulbus
hineinschieben, der mit 98%iger Wahrscheinlichkeit
tödlich verunglückt.“
(siehe „Wir töten unsere besten Freunde“ – ZDFmediathek
und Ausschnitt aus dem Terra-X-Interview)
Wir müssen uns JETZT entscheiden, wie wir zukünftig leben wollen!!!
Unterstützen Sie bitte die „Frieden stiftende erneuerbare Energie“!! Über eine positive Rückmeldung von Ihnen freue ich mich sehr,
Herzliche Grüße,
Sabine Thie-Olliges,
eine verzweifelte Lehrerin
Kampagne_Mein Diensteid-Dilemma_2022_Anthropozän
Danke Klaus für Deinen Support,
Herzliche Grüße
Sabine Thie-Olliges