Last Updated 27. November 2020
Unser Blog hat sich bereits ausgiebig mit den Thema Lithium und E-Mobilität beschäftigt (unter anderem hier, hier, hier und hier). Aber es steht noch ein Artikel aus. Bei meiner umfangreichen Recherche zum ZDF-Beitrag mit Harald Lesch, hatte ich das angekündigt. Worum geht es? Sowohl das ZDF und auch jetzt die ARD haben Beiträge zum eAuto und Lithium gebracht. Diese wurden mehrfach auf ihren Sendern wiederholt. Die sozialen Netzwerke sind voll davon. Auch und gerade, weil diese Beiträge als kritisch, investigative Berichterstattung angesehen wurden.
Leider stellt sich immer wieder das Gegenteil heraus. Wichtigste Fakten wurden ausgeblendet oder verkürzt wiedergegeben. Das macht natürlich alles sehr wenig Sinn. Vor allem wenn dann damit das eAuto in Verruf gebracht wird. Deshalb aber freue ich mich, dass mir gleich mehrere Sachen zur Hilfe kommen.
Und nun heißt es wie im Film: Lithium / Klappe: die vierte
Die politischen Rahmenbedingungen beim Lithiumabbau, wurden in den Beiträgen komplett ausgeblendet. Beispielsweise besitzen die Erben des Diktators Pinochet in Chile, den Rohstoffkonzern SQM. Dieser Konzern ist neben dem US-Konzern Albemarle der größte Lithium-Produzent der Welt. Pinochet hatte, nachdem er den demokratischen Präsidenten Allende, samt Regierung und Anhängern ermorden ließ, die Verstaatlichung der Rohstoffe des Landes rückgängig gemacht und privatisiert. Die eigene Tasche war ihm wohl wichtiger.
Bolivien macht es anders
Dass gerade in Entwicklungsländern so eine Verstaatlichung sehr hilfreich sein kann zeigt Bolivien, wie man in diesem Beitrag sehen kann.
Wenn Politiker überlegt zum Wohle der Bevölkerung und der Entwicklung ihres Landes handeln und sich nicht auf korrupte Rohstoffkonzerne einlassen, kann eigentlich nur alles gut werden. Und das zeigt der sozialistische Staatspräsident Evo Morales auf vorbildliche Weise. Dabei zeigt er, dass Bolivien nun selbst als Land von einem eigenen Reichtum an Bodenschätzen profitiert. Er zeigt auch, dass dabei Lithium auch ökologischer abgebaut werden kann. Aber oben drauf kommt, dass man das Lithium nicht einfach so abbaut und ins Ausland verkauft, sondern es weiterverarbeitet. Das bringt Entwicklung und Technik ins Land. Man muss sich den Filmbericht des ERSTEN unbedingt ansehen. Mit dieser Entwicklung wollen sie sogar auf den Ausbau von Erneuerbarer Energietechnik setzen. Allein dieses Beispiel zeigt eben auch wie tief Bodenschätze und politische Rahmenbedingungen miteinander verwoben sind.
Und genau deshalb waren die Filmberichte im Zweite und der ARD mehr als tendenziös. Aber nun zum zweiten Punkt der mir zu Hilfe kam und mir sehr viel Recherchearbeit ersparte. Ein sehr gelungener Artikel des Magazins Edison, den ich sehr gern in einigen Absätzen zitieren möchte. Hier zunächst der Link zum Original. Wenn Ihnen der Artikel gefällt, so können Sie den Newsletter von Edison hier abbonieren. Für die freundliche Genehmigung bedanke ich mich bei Herrn Kuhn, den stellvertretenden Chefredakteur von Edison.
Edison berichtet unter anderem darüber, dass es bei den Mengenangaben zum Grundwasserverbrauch (Grundwasser ist in dem Fall Salzsole und nicht wie oft kolportiert, das was wir unter Grundwasser verstehen, nämlich Trinkwasser) zu Ungereimtheiten kommt.
Zwei Millionen Liter Sole – oder nur ein Zehntel?
Viele Medien nennen einen Wert von rund zwei Millionen Litern Sole pro gewonnener Tonne Lithium. (Wir unlängst übrigens auch.) Eine oft genannte Quelle für diese Zahl ist eine Aussage des forensischen Geologen Fernando Díaz im Magazin „Exactamente“ der Universität Buenos Aires aus dem Jahr 2011.
Darin heißt es, „dass die Lithium-Konzentration in der Sole gering ist und zwischen den Salzseen variiert – von einigen zehn Teilen pro Million (ppm) bis hin zu etwas mehr als eintausend, mit Durchschnittswerten von 600 ppm im Salar de Uyuni und 500 ppm im Salar del Hombre Muerto.“
Dazu sagt Diaz: „Nach diesen Werten kann geschätzt werden, dass für jede Tonne gewonnenes Lithium etwa zwei Millionen Liter Wasser verdunsten.“ Leider führt er seine Schätzung nicht aus – denn sie ist sehr ungenau. Gut möglich, dass er sich auf eine ebenfalls 2011 erschienene internationale Studie bezieht, die das US-Journal „Economic Geology“ veröffentlichte.
In ihr untersuchten die Forscher die Sole an verschiedenen Orten und geben auch den Lithium-Gehalt pro Liter an. Sie kamen dabei auf die Werte, die Diaz für die von ihm genannten Orte anführt. Aber an anderen Förderorten wie etwa der Salar de Atacama ist die Lithium-Konzentration wesentlich höher, sodass in Summe und rein rechnerisch bei der Lithium-Gewinnung statt zwei Millionen nur noch 0,4 Millionen Liter Wasser verdunsten.
Ein Plus an ehrlicher Berichterstattung
Ein Plus an ehrlicher Berichterstattung bringt dieser Bericht auch deshalb, weil man unabsichtliche Fehler eingesteht und nicht vertuscht. Viele weitere Punkte werden in dem Bericht aufgeführt und man widmet sich auch ausgiebig den oben genannten politischen Rahmenbedingungen und damit eben auch der Lithiumförderung in Bolivien. Im unserem oben erwähnten Artikel zum ZDF-Beitrag mit Harald Lesch, findet man ganz unten auf die deutsche Firma K-Utec. Und hier springt Edison in die Bresche und erspart mir die Recherche.
Und K-Utec aus Thüringen will die Ökobilanz noch verbessern, indem es Trinkwasser für die Region aus dem Herstellungsprozess gewinnt. Klar ist: In Auto-Akkus steckt Lithium für 200 bis 400 US-Dollar. Viele Verbraucher würden die Mehrkosten für ökologische Unbedenklichkeit sicher tragen wollen.
Vielleicht führt das sogar zu einem ökologischen Wettbewerb? US-Unternehmen wie MGX Minerals oder Pure Energy planen Anlagen, die das Lithium in einem geschlossenen Prozess gewinnen und die Sole komplett zurückpumpen. Das Wasser-Problem wäre damit gelöst. Dabei würden allerdings auch die Substanzen zurückfließen, die das Lithium herauslösen, kritisiert Marx von K-Utec. Die Technologie ist in seinen Augen nicht umweltfreundlich. Außerdem halten es die deutschen Unternehmen für kurzsichtig, allein Lithium zu gewinnen. Denn die Sole enthält auch Minerale, die zu Dünger weiterverarbeitet werden können. Das würde die Ökobilanz weiter aufbessern.
Wer wegschaut macht keine vernünftige Berichterstattung
Nicht zuletzt erwähnt Edison auch die Dinge die in den Fernsehberichten sträflichst keine Erwähnung finden. Der Vergleich von dem was wir vermeiden wenn wir auf E-Mobilität setzen, also von den Schäden die Erdöl anrichtet.
Doch ob nun 6000 oder 30.000 Liter Sole in einer Wüste – das ist immer noch viel, keine Frage. Aber dem stehen zwischen 10.000 und 30.000 Liter Benzin oder Diesel gegenüber, die über seine Laufzeit in einen Verbrennungsmotor fließen. Es handelt sich also um etwa dieselbe Menge, aber mit einem Rattenschwanz an Folgen. In Nigeria sind durch die Erdölförderung Mangroven, Sümpfe, Flussarme und Trinkwasser verseucht. Und vor Mexiko verendeten nach der durch die Explosion der Förderplattform Deepwater ausgelösten Ölpest 2010 Millionen Vögel und Fische.
Und die 21 Millionen Liter im Salar sind nur ein Dreißigstel der Menge Wasser, die im Lausitzer Braunkohlerevier täglich abgepumpt werden muss. Schwierig, da lateinamerikanischen Staaten die Lithiumförderung vorzuwerfen.
Es bleiben noch zwei Dinge zu ergänzen.
Zum einen was nicht mehr passiert, wenn wir alle elektrisch fahren.
Wir verbrennen pro Sekunde 171 Kubikmeter Erdöl. Das sind 1075 Barrel (Fass Erdöl) , wohlgemerkt pro Sekunde, weltweit. Der Tag hat 86.400 Sekunden. Im Jahr ist das die unfassbare Menge von das sind 5,4 KUBIK-KILOMETER. Nicht alles davon entfällt auf unseren jetzigen Verkehr. Aber die Energiemengen die hier verheizt werden können sehr gut mit Sonnen- und Windenergie ersetzt werden.
Und bei aller Freundschaft – mein Standartspruch, wenn ich mit Menschen diskutiere die auf die miese Berichterstattung hereingefallen sind, die ADR und ZDF uns geboten haben, hat nicht unbedingt mehr den freundlichsten Ton.
„Zerschlagt die Glasscheiben Eurer Wohnung und die Eurer Autos. Und dann erklärt mir bitte wie neue Glasscheiben ohne Lithium hergestellt werden. Zerdeppert die Alu-Teile Eurer Autos zerstecht ihre Reifen und erklärt mir, wie Alu oder Reifen ohne Lithium hergestellt werden werden?“
Abend vor der Tagesschau
Mich würde es freuen wenn sich die Öffentlich/Rechtlichen abends in der Werbung kurz vor den Nachrichten mit folgender Aufklärung einblenden würden:
Kobalt ist ein sehr wichtiges Metall, das für unsere moderne Gesellschaft unverzichtbar. Leider haben wir das nie berichtet, wir bitten um Entschuldigung. Kobalt braucht man für Superlegierungen (Ni, Co, Fe, CR), Hartmetalle, Hochleistungsschnellschnittstahl, Färbemitte bei Glas Email, Plastik, Keramik, Künstlerfarben, Textilien, Magnete, Katalysatoren (auch um Benzin zu entschwefeln), Futtermittel, Biotechnologie, Eloxieren, Aufnahmemedien, Elektrolyse, Adhäsionsmittel für Reifen, Trocknungsmittel für Farben, Seifen.
Das heißt schlichtweg, wir könnten nicht mal Fahrrad fahren, denn auch das ist ohne Kobalt nicht möglich.
Ja – und es wird auch bei den eAuto-Akkus eingesetzt. Allerdings ist man mit Hochtouren daran, die Mengen, die für einen Akku gebraucht werden immer weiter zu senken oder durch andere Stoffe zu ersetzen.Aber bei vielen der oben genannten Anwendungen, die es auch schon vor dem Akku gab, gibt es keinen Ersatz des Kobalt für diese Zwecke. Kobalt kann man hier nicht ersetzen.
Beim Lithium haben wir übrigens die gleiche Sache festgestellt.
Also weitermachen, Energiewende und Klimaschutz Rocken.
Sonnige Grüße
Euer Klaus Müller