So geht es in Deutschland

Bericht aus dem aktuellen Heizungsjournal

Last Updated 25. Oktober 2024

Veröffentlicht am: 23. Okt. 2024 

So geht es in Deutschland eben nicht.

Das ist die richtige Überschrift für diesen Artikel. Man traut sich ja inzwischen nicht mehr den ganzen Wahnsinn aufzuschreiben, denn wir mit der Energiewende erleben. Auch wenn wir von den Grünen hören, das wird schon, das stimmt leider nicht. Die Energiewende droht sogar zu scheitern. Auf jeden Fall reicht die Geschwindigkeit des Ausbaues nicht für den Klimaschutz aus. Dazu kommen Desinformationskampagnen gegen die Energiewende und ihre Komponenten, und obendrein kommen auch jede Menge Falscheinschätzungen von Journalisten, die ihre Aufgabe missverstanden haben und sehr viel Nachholbedarf in Sachen Energiewende haben. Aber es gibt auch jede Menge Journalisten, die sie noch nie verstanden haben und sie auch nicht verstehen wollen. Die letzteren schießen deshalb aus allen Rohren gegen „die dumme Idee der Energiewende“, sie sei eine grüne Erfindung und könne nicht funktionieren. Habeck ist eben nur ein Kinderbuchautor und was soll man denn da auch erwarten? Am wenigsten Journalisten haben wir in der Gruppe, die wirklich wissen, worum es geht und die auch das technische Verständnis zur Energiewende mitbringen.

Einen sehr guten (sogar selbstkritischen) Text las ich dagegen ausgerechnet im Heizungsjournal, Ausgabe 10 Okt. 2024 vom Chefredakteur selbst. Das Heizungsjournal hatte mir ein ehemaliger Kollege zugesteckt und der war auch vom Editorial des Jörg Gamperling begeistert. Anfangs erzählt der von einem geplanten E-Auto-Kauf, um dann zur Wärmepumpe zu kommen. Das ist wirklich erstaunlich.

Ich gebe das Editorial als ganzen Text weiter, denn wenn Ihr staunen wollt, dann lest diesen kurzen Text bitte ganz:

Fortschritt ist ein schönes Wort. Seine Triebkraft aber
heißt Wandel. Und der Wandel hat seine Feinde.“

Robert F. Kennedy (1925-1968)

Dass technologischer Wandel vor allem eine gute Portion Ausdauer und mitunter auch starke Nerven braucht, wurde mir in der letzten Zeit beim Besuch diverser Autohäuser wieder bewusst. Das schöne Produkt im Prospekt allein reicht eben nicht, um Nachfrage anzureizen und Investitionen auszulösen. Wie immer: Auf das Gesamtpaket kommt es an.

So stolperte ich also voller Vorfreude hinein in das Projekt „E-Auto” und merkte dabei schnell, dass die „E-Auto-Krise” , welche ja jüngst in Deutschland ausgerufen wurde, sehr wahrscheinlich eine (bewusst oder unbewusst?) hausgemachte Angelegenheit ist. Denn so recht „Bock auf E-Mobilität” hatten in den Verkaufsstellen der besuchten deutschen, europäischen und japanischen Häuser nur sehr wenige Ansprechpartner bzw. „Verkaufsberater“. Zumindest kam es mir so vor bei meinen Stichproben. „Sie wollen ein rein elektrisches Fahrzeug? Sind Sie sicher?!”, wurde ich mehrfach ungläubig gefragt. Auch die Tatsache, dass ich bewusst kein irgendwie geartetes Hybridvehikel möchte, sorgte stellenweise für langwierige Diskussionen. Stichwort: Ausdauer und Nerven. Wer berät hier eigentlich wen? Bin ich bei „Markus Lanz” oder ‚Caren Miosga” ?

Dann – endlich – nach tagelangem Ringen die heiß ersehnten Angebote. Besser: die sogenannten „Angebote”. Denn wirklich ein Angebot in Sachen nachhaltiger Mobilität” konnte ich beim besten Willen bei keiner der Offerten herauslesen. Ich vermutete, die aufgerufenen Hausnummern sollen den potentiellen Kunden gehörig verschrecken, sollen ihm den „Elektrozahn ziehen”. Frust statt Lust beim E-Auto-Kauf. Das durfte ich „erleben“. Ergo: Es wird sich bei meinem privaten wohl zunächst weiterhin nichts verändern. Der Technologiewandel, die Mobilitätswende wurde erstmal verschoben …

Vieles davon erinnert doch (erschreckend) stark an die Situation im Heiztechnik- und Wärrmepumpenmarkt, wo von „Change“ aktuell ebenfalls wenig bis gar nichts zu spüren ist! Ist daran tatsächlich nur der verunsicherte Kunde schuld? Daran darf gezweifelt werden. Die elektrische Wärmepumpe steckt in derselben Zwickmühle wie das elektrische Automobil. Ob die derzeit wieder diskutierte „Abwrackprämie“ hilft? Daran darf auch gezweifelt werden – zumindes was die langfristigen Effekte angeht.

Was könnte helfen? Ein echter Markt, auf dem vernünftige Angebote (Preisregime überdenken? Preise senken? Besser beraten, klarer informieren etc.) auf wahrhaftige Nachfrage (Mut zum Wandel) treffen. Ein Markt, der Technologien nicht politisiert und sich damit nicht selbst ausbremst, sondern Vertrauen wieder zurückgewinnen kann. Eben ein Markt und Marktteilnehmer, die klar für technischen Fortschritt stehen!

Ihr Jörg Gamperling

Zitat Ende.

Ja, das verschlug mir im ersten Moment die Sprache. Welch ein Bericht, der die Realitäten endlich zurechtrückt. Mir hätte jetzt zwar etwas mehr Selbstkritik gefehlt, denn wenn ich mir die Heizungsbau-Branche anschaue, dann bekomme ich doch sehr klar das Gefühl, die haben die Wärmepumpe wirklich verschlafen, und ich weiß, wovon ich rede, ich komme aus dem Bereich. Mit großer Sicherheit, hat ein sehr großer Teil der Heizungsbauer den Kunden gesagt, die Wärmepumpe ist doch noch viel zu teuer und im Altbau lohnt sie sich sowieso nicht. Sie wird Ihr Haus niemals warm bekommen, lieber Kunde.

Aufklärung ist in der Branche im Moment aber lang noch nicht möglich. Dafür reicht die Ausbildung in den Betrieben wirklich nicht aus. Da muss man als Kunde meist sehr lang nach einem Betrieb suchen, der auf der Höhe ist und im Bau von Wärmepumpen lange Erfahrung mitbringt. Ebenso sollte er Referenzen aufweisen können. Zufriedene Kunden sind meist die beste Werbung.

Aber was läuft denn grundsätzlich schief, z.B. bei den E-Autos, wenn Beratung dazu führt, dass Interessenten dann doch abspringen?

Eine sehr wahrscheinliche Möglichkeit ist, dass der Berater, sprich Verkäufer, eine sehr viel kleinere Provision für E-Autos erhält. Das allein reicht schon, um allen Kunden das E-Auto auszureden. Bedingt wird das vor allem, weil die Hersteller selbst, wie fast alle KFZ-Hersteller, Verbrenner und E-Autos anbieten. Weil das E-Auto aber viel wartungsärmer ist und inzwischen auch länger hält, benachteiligt es das Verbrennergeschäft, und deswegen sind diese Reaktionen sogar verständlich. Die Werkstätten werden viel weniger Wartungsarbeiten ausführen, aber das ist zum großen Teil ihre Geschäftsgrundlage.

Die Hersteller verkaufen im Laufe der Zeit, wenn das E-Auto sich durchgesetzt hat, viel wenige Autos, weil diese länger halten. Dazu kommen Robo-Taxis, die Privatpersonen verleiten, kein eigenes Auto mehr zu fahren. Selbst die KFZ-Versicherer werden sehr viel weniger KFZ-Versicherungen abschließen und zusätzlich werden Unfallzahlen drastisch sinken. Die Energiewende ist eben keine grüne Erfindung, sondern eine technische Revolution.

Dazu kommen weitere Preissenkungen im Akkubereich, die die Kosten der E-Autos weiter sinken lassen. Damit steigt die Massenproduktion der eAutos aber, denn auch hier steht Deutschland immer noch am Anfang. Wer allerdings nicht mitspielt, oder sich verzockt, so wie es VW gerade erlebt, wird gnadenlos zu den Verlierern gehören.  Auch das ist nicht zu verhindern.

Das Gleiche werden wir auch im Bereich Heizungen haben, wenn sich die Wärmepumpe durchsetzt. Wärmepumpen sind in Deutschland immer noch ein Nischenprodukt und deshalb sehr teuer. Technische Neuerungen, die zu Preissenkungen führen werden, sind da nicht gerade willkommen, denn die Hersteller benötigen eine hohe Rendite, weil sie keine Massenproduktion fahren.

Was ich im Moment aber gut finde: Der Journalismus nimmt seine Aufgabe ernst und das liegt daran, dass sie sich tiefer in ein Thema einarbeiten müssen und dabei sehr viele Dinge herausfinden, man könnte tatsächlich sagen, „für sich selbst herausfinden“, um es sofort den Zuschauern zu zeigen. Die ARD „Das Erste“ bringt ganz aktuell die Sendung „Krise bei VW – Alarmsignal für Deutschland?„. Ich habe den Beitrag noch nicht gesehen, aber im Deutschlandfunk gab es heute Morgen bereits einen guten Beitrag dazu, der sehr klar berichtete, dass es sich um eine gewaltige Krise von VW handelt. Aber VW ist dabei mit Sicherheit nicht der einzige deutsche oder europäische Autokonzern. Die Sache oder besser, der Umbruch betrifft alle. Das Fragezeichen hinter dem Titel ist deshalb etwas merkwürdig.

Zum Schluss muss ich sagen, dieser Artikel ist nur eine Momentaufnahme, die Sachen sind in vollem Gange und Deutschland hat es selbst in der Hand weiterhin ein Hochindustrieland zu bleiben oder zu den endgültigen Verlierern zu werden.

Sonnige Grüße

Klaus Müller

Blogger in Sachen Energiewende.

P.S. Ich habe mir den Beitrag vom Ersten noch angesehen. Tatsächlich würde ich ihm eine Note 3 Minus geben. Man erfährt zwar viele Hintergründe, doch der VW ist immer noch der zweitgrößte Autohersteller der Welt nach Toyota. Die Volkswagen-Group, zu der neben VW auch Audi, Porsche, Bugatti, Lamborghini, Ducati, Seat und Skoda und die LKW-Hersteller Scania und MAN gehören, steckt in einer der schwersten Krisen seiner Geschichte. Der jetzige VW-Chef, Thomas Schäfer, hat also eine große Verantwortung, aber hört sich eher gelassen an und formuliert seine Worte so, als würden sich die Lösungen schon ergeben, weil man ja daran arbeitet. Von Lösungen kann aber keine Rede sein, denn dieser Konzern müsste längst 5 bis 6 Akkufabriken haben und führend in der Forschung sein, um nur ein Beispiel zu nennen. Das Interview mit dem ehemaligen Konzernchef Herbert Diess, der die E-Mobilität sehr begeistert voranbringen wollte, war eine absolute Farce. Wer die Veranstaltung damals gesehen hat, weiß, dass Diess für das E-Auto brennt. Zu seinem Rauswurf aus dem Konzern wollte Diess nichts sagen. Mit Sicherheit gab es da ein Schweigeabkommen. Dass er dann davon redet, dass VW durchaus auf dem richtigen Weg ist, hat dann wahrscheinlich mit der Höhe des Schweigegeldes zu tun, dass er erhalten haben wird. Man hätte sich dieses Interview also schenken können.
Wirklich hilfreich war die Doku vom Ersten also nicht. In der Mediathek vom Ersten findet man sie übrigens gut, aber dort wird sie nur bis zum 13.10.2026 zu finden sein. In YouTube hat das Erste sie nicht veröffentlicht. Dafür findet man es aktuell auf einem mir fremden YouTube-Kanal.

Viel mehr Aufklärung bringt das übrigens die aktuelle Lanz-Sendung. Sehr bemerkenswert sind die sehr ausführlichen Redebeiträge von Herbert Diess. Der Mann hat wirklich Wissen zur E-Mobilität und vor allem zum Markt in China und die Rolle von VW. Wer in der E-Mobilität mitreden will, sollte sich dieses Video dringend anschauen. Wirklich klasse war Lanz bei der Auswahl seiner Gäste, die sehr viel vom Thema verstehen. Nur der Herr Dürr von der FDP zeigt sich mit seinen Beiträgen zur „Technologieoffenheit“ eher verständnisresistent, wird dafür aber fortwährend „abgewatscht“. Das allein macht die Sendung bereits sehenswert. Es erwarten einen also sehr viele verständliche Zahlen, und viele Hintergründe. Wir erfahren z.B. weshalb China eigentlich Weltmeister bei den E-Autos ist. Es war es ein reines Marktgeschehen, und sozusagen ein reiner Marktwettbewerb, der die E-Autos nach vorn brachte und nicht eine restriktiv steuernde Politik, so wie man es hier immer wieder zu hören bekommt. Wenn China inzwischen das Land auf der Welt ist, in dem am meisten Autos fahren und jetzt bereits bei den Neuzulassungen über 50 % E-Autos und Hybridautos sind, dann sollten hier in Deutschland einige Leute endlich aufwachen und hören, was die Glocke geschlagen hat.

Ist die deutsche Autoindustrie noch zu retten? | Markus Lanz vom 24. Oktober 2024

Diese Diskussion verdient allerdings eine 1+ als Schulnote.

Ach ja, und wie immer gilt, egal ob man das Video hier in meinem Blog anschaut oder bei YouTube direkt, man akzeptiert damit die Geschäftsbedingungen von YouTube.

P.S. falls jemand jetzt denkt, ich bekäme Tantiemen von der Wärmepumpenbranche oder vom Heizungsjournal, der hat sich geschnitten, ich bekomme selbstverständlich kein Geld für diesen Artikel. Ich habe den Chefredakteur nicht mal gefragt, ob ich seinen Text übernehmen darf, ich verstehe die Sache als Dokumentation einer sehr misslichen Situation.


Quelle: https://www.heizungsjournal.de/

 

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