Last Updated 5. November 2020
Vor zehn Jahren am 14. Okt. 2010 starb Hermann Scheer – Was sagte die SPD?
Die SPD sagt nix zum 10. Todestag von Hermann Scheer, nothing, niente, nada. Man fand keinen Eintrag auf den Seiten der SPD. Das ist sehr traurig, denn Hermann Scheer war der größte Umweltpolitiker den die SPD hatte (er hat mehr bewirkt als fast alle, die je in Bonn oder Berlin im Kabinett saßen).
Die Süddeutsche schrieb vor 10 Jahren, anlässlich seines Todes: SPD: Hermann Scheer ist tot
Sie nannten ihn „Sonnengott“
Die TAZ schrieb: Nachruf Hermann Scheer
Größer als die Beatles
Hermann Scheer war nicht nur „ein SPD-Politiker“. Er war der herausragende Politiker seiner und unserer Zeit. Am Donnerstag ist er unerwartet mit 66 Jahren gestorben.
Die Sonnenseite von Franz Alt schrieb gestern:
Der erfolgreichste Solarpolitiker der Welt
Vor zehn Jahren, am 14. Oktober 2010, starb Hermann Scheer. Gedanken von Franz Alt
Wer einen einzigen Vortrag von Hermann Scheer gehört hat, der weiß, wovon ich rede. Wer dann begreift, dass Hermann Scheer die Solarenergie und das deutsche EEG weltweit bekannt gemacht und unermüdlich beworben hat, der weiß Hermann Scheers Werk zu würdigen.
Diesen Vortrag hielt Hermann Scheer vermutlich am 1.10.2010 also nur 14 Tage vor seinem Tod. Beim Original-Video findet sich dieser Hinweis: Power to the people! Neue Energie für linke Alternativen Dokumentation der internationalen Konferenz zu Energiepolitik und Nachhaltigkeit in der Reihe «rls on green tour» vom 30.9. bis 2.10.2010.
Hermann Scheer war von Erneuerbaren Energien begeistert und war Wegbereiter für die Energiewende in Deutschland. Er war unermüdlicher Kämpfer für diese Wende zu und viele kennen auch den Film „Die vierte Revolution mit Hermann Scheer von Carl Fechner.
Hermann Scheer warf viele Fragen auf und thematisierte wichtige Dinge die den Systemwechsel von den alten fossilen Energien hin zu Erneuerbaren beschreiben. Die Regierung und damit auch die SPD scheint das immer noch nicht wahrgenommen zu haben. Zwar hat die SPD am 13.102020 auf die Studie des gemeinnützigen Wuppertal Instituts, zum 1,5°-Ziel, den Fridays For Future in Auftrag gegeben hatte reagiert, und auf ihrer Seite geschrieben:
„Die SPD macht Druck für den massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien. Die Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans und der Umweltexperte der SPD-Bundestagsfraktion Matthias Miersch schlagen dafür einen Zukunftspakt zwischen Bund, Ländern und Kommunen vor. Es gehe darum, „den Klima-Infarkt aufzuhalten“. Das Ziel: mehr Lebensqualität und eine zukunftsfähige Wirtschaft.
Zuvor hatte am Dienstag die Initiative Fridays für Future eine Studie des gemeinnützigen Wuppertal Instituts vorgestellt, wonach die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung nicht ausreichten, um die Pariser Klimaschutzziele für eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad zu erreichen. Die Umweltaktivistinnen und -aktivisten fordern daher unter anderem einen deutlich schnelleren Ausbau der Erneuerbaren Energien.
Das will auch die SPD. Die Studie belege eindrucksvoll, warum Klimaschutz zu den größten Herausforderungen der Zeit gehöre – und was getan werde müsse: „der schnelle und maximale Ausbau der Erneuerbaren Energien! Damit steht und fällt alles, und dabei ist jede staatliche Ebene und jeder einzelne gefordert“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Esken, Walter-Borjans und Miersch.“
Nur sagt sie wieder nicht was die eigentlichen Knackpunkte dazu sind. Hermann Scheer hat das beantwortet:
„Der Wechsel zu hundert Prozent erneuerbaren Energien bedeutet den umfassendsten wirtschaftlichen Strukturwandel seit dem Beginn des Industriezeitalters. Ein Strukturwandel ohne Verlierer und Gewinner ist undenkbar. Verlierer werden unweigerlich die Anbieter der konventionellen Energien sein – in welchem Ausmaß das der Fall ist, hängt von ihrer Fähigkeit ab, sich an Haupt und Gliedern umzustrukturieren, sich mit drastisch sinkenden Marktanteilen abzufinden und neue Tätigkeitsfelder für sich zu finden, die KEINE ENERGIEWIRTSCHAFTLICHEN mehr sein werden.
Versuche der Verliererrolle in diesem Wandlungsprozess zu entkommen und ihre zentrale energiewirtschaftliche Rolle zu behalten, führen zu widersprüchlichen und teuren Verlangsamungsstrategien.“
Diese Verlangsamungsstrategien erleben wir seit 10 Jahren und die SPD ist teil dieser Verlangsamung. Sie hat sich auch nicht zum verunglücktem Vorschlag des BMWi zur Novelle des EEG 2021 geäußert. Anscheinend kennt die SPD das alles nicht. Auf der Internetseite der SPD und der Seite der SPD-Fraktion im Bundestag findet sich keine Erwähnung zum zehnten Todestag von Hermann Scheer.
Eine Freundin schreibt mir: Arschloch-SPD. Ich schließe mich dem an.
Nochmal: Vor zehn Jahren am 14. Okt. 2010 starb Hermann Scheer – Was sagt die SPD? Sie sagt nix, nothing, niente, nada. Ich hoffe auf eine Reaktion
Sonnige Grüße
Klaus Müller
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Lieber Eicke, liebe Freundinnen und Freunde,
mir scheint es wichtig, hier ein paar Dinge gerade zu rücken. Die Darstellung des IRENA-Gründungsprozesses ist extrem verkürzend und teilweise falsch bzw. sogar grotesk.
Zur Erinnerung: Hermann Scheer hatte in den 90er Jahren mehrfach versucht, teils mit Unterstützung von Willy Brandt, innerhalb der UN eine internationale Organisation zur Förderung der Erneuerbaren Energien zu gründen, alle Versuche schlugen jedoch fehl. Dann wurde 1997 das Kyoto-Prokoll verabschiedet, das Hermann Scheer als großes Hindernis für die weltweite Energiewende und als Kardinalfehler bezeichnete – womit er ja letztlich Recht behielt, wie der Systemwechsel in Form des Pariser Klimaschutzabkommens auch bestätigte. Natürlich machte er sich mit seiner fundamentalen Kritik aber sehr unbeliebt bei allen Kyoto-Befürwortern, einschließlich der großen Umweltverbände.
Als Hermann Anfang diesen Jahrhunderts die Initiative zur Gründung von IRENA faktisch als alternativen Weg zu Kyoto vorschlug, war ihm der Widerstand dieser Gruppen sicher. Da der Vorschlag aber die Errichtung einer multilateralen Organisation außerhalb der UN vorsah, war es nicht mehr möglich, die Initiative durch das Konsensprinzip der UN zu bremsen. Stattdessen war es nun das deutsche Bundesumweltministerium unter der Leitung von Trittin, das gegen die Gründung von IRENA arbeitete, teils mit fadenscheinigen Begründungen. Ein Höhepunkt in der Auseinandersetzung um IRENA war ohne Zweifel die ansonsten erfolgreiche erste globale Regierungs-Konferenz für Erneuerbare Energien Renewables2004, die 2004 in Bonn unter Beteiligung von weit über 100 Regierungen abgehalten wurde. Während das BMU dafür sorgte, dass das Thema IRENA dort nicht einmal angesprochen wurde, wurde auf dem parallel stattfindenden internationalen Parlamentarierforum einstimmig die Gründung von IRENA gefordert.
Erst die Groko und der neue Umweltminister Gabriel, man glaubt es kaum, lösten ab 2005 die Blockade auf Regierungsseite auf. Durch entsprechende Gespräche, in der die Entschlossenheit der Bundesregierung bekräftigt wurde, wurde es auch möglich, die Blockadehaltung auf Seiten einiger NGOs aufzuheben.
Ein wichtiges Motiv, die Bundesregierung für einen aktiven Einsatz pro IRENA zu gewinnen, war natürlich die Aussicht, dass Bonn Sitz von IRENA sein würde. Damit war auch klar, dass nicht gleichzeitig ein Deutscher Leiter werden konnte. Auch durch fragwürdige Praktiken von Mitbewerbern fielen beim offiziellen IRENA-Gründungstreffen im ägyptischen Sharm El Sheikh vor allem die Stimmen der meisten Entwicklungsländer auf Abu Dhabi als Sitz – ein hochrangiger ägyptischer Vertreter berichtete von Schecks, die verteilt worden seien. Dank Wikileaks ahnt man aber auch, welche Rolle die USA spielten, und auch Frankreich erhoffte sich zu der Zeit große Aufträge aus den UAE (Atomkraftwerke und Rüstungsgüter). Es war also plötzlich ganz große Weltpolitik im Spiel, und da konnte und kann Deutschland nach wie vor nicht mithalten.
Letztlich wurden auf deutscher Seite Fehler gemacht, aber der damaligen Groko muss man ungeachtet dessen zugute halten, dass sie IRENA ins Leben gerufen hat, basierend auf der Initiative von Hermann Scheer. Dass Hermann selbst keine Position bei IRENA erhielt, war der politische Preis, der bezahlt werden musste.
Nicht unter den Teppich kehren sollte man aber den langjährigen Widerstand von wichtigen Akteuren gegen das Projekt IRENA. Dazu gehörte nicht einmal Sigmar Gabriel.
Ich sage nur: Feind – Todfeind – Parteifreund!
Wir sollten nie vergessen dass es der damalige SPV Vorsitzende Sigmar Gabriel war, der in Sharm-El-Scheich aktiv verhinderte, dass Hermann Scheer Gründungspräsident seines Lebenswerkes IRENA wurde: Ich habe es persönlich von führenden Politikern aus Abu Dhabi erfahren, der Deal sollte sein: IRENA HQ kommt nach Abu Dhabi, HS wird Gründungspräsident!
Aber der Vorschlag hätte von der dt. Delegation kommen müssen, und deren Leiter, Sigmar Gabriel, weigerte sich, seinen Parteigenossen Herrmann Scheer zu nominieren!
Ich war nicht dabei, aber diese Geschichte wurde Mir von Verschiedener Seite bestätigt!
Daher ist es der SPD peinlich, dass Herrmann Scheer SPD Mitglied war!
Vielen Dank, lieber Prof. Eicke Weber.
Ja, Sigmar Gabriel hat eine Menge Dinge gemacht, die ich ihm nie zugetraut hätte. Das Ansinnen des BDEW, den Ausgleichsmechanismus zur Vermarktung der EE am Spotmarkt der Strombörse zu verankern, hat er ohne mit der Wimper zu zucken 1:1 durchgewunken, was dann zum #eegParadoxon führte. War Wolfgang Clement sein Berater? Tina Ternus hatte das recherchiert.
Und bei der großen Demo in Berlin, vier Jahre später am 5.3.2012 belog er die 12.000 Teilnehmer der Solardemo. Alle glaubten, Sigi stünde hinter der Solarbranche und alle klatschten. Und seine Rede war wirklich überzeugend. Ich war auf der Demo mit einem jungen Kollegen, der noch nie auf einer Demo war. Wie gespalten kann man eigentlich sein?
https://youtu.be/9P6HIHHUePo