Last Updated 10. Oktober 2020
Eine skurrile Geschichte
Aliens landen in einem Märchenwald aber Taschenrechner funktionieren plötzlich nicht mehr. Dezimalstellen werden am laufenden Band vertauscht und die Ergebnisse stimmen sowieso nicht – ein tausendjähriger Märchenwald hat plötzlich auch Fichtenmonokulturen und die werden vom Borkenkäfer angefressen und Trockenheit und kleine Stürme hauen ihn um.
Nein, das wird heute kein Science-Fiction-Artikel, aber eine Realsatire.
Man kennt das – eigentlich läuft einiges schief in Deutschland. Und jeder weiß, im Grunde müsste man eben auch selbst aufstehen um auf solche Dinge hinzuweisen. Und dann ist es gut, wenn es Menschen gibt die aufgestanden sind und die sich gegen Sachen wehren, die quer laufen und sich einsetzen sie zu ändern.
Es hatte auch früher immer damit begonnen, dass Einzelne aufgestanden sind, um andere drauf aufmerksam zu machen, dass Dinge komplett aus dem Ruder laufen und dringend etwas geändert werden muss. So ging das zum Beispiel mit der alten Friedensbewegung und auch mit der Anti-Atomkraft-Bewegung. Der Widerstand kam von unten, noch sehr lange bevor es die Grünen gab. Und auch heute ist es sehr erfreulich, wenn sich Menschen vor Ort engagieren, um den Finger in die Wunde zu legen und um aufzuklären.
Und es ist ja toll, denn über die sozialen Medien und über das Internet lassen sich Informationen heute viel einfacher transportieren und gut und einfach verbreiten. Schlimm ist es allerdings, wenn diese Informationen nicht nur zweifelhaft, sondern zum größten Teil zusammengelogen und zusammenfantasiert sind. Da steht dann sehr schnell die Frage im Raum, weshalb macht man das und wer macht das?
Zum folgenden Bild kann man eigentlich nur „ja“ sagen, wenn man auf der Internetseite der Bürgerinitiative „Rettet den Reinhardswald“ gelandet ist. Der Wald muss geschützt werden und wir wissen seit langem, immer mehr Wälder auch in Deutschland sterben den Dürre-Tod und den Monokultur-Tod und den Borkenkäfer-Tod. Die letzten Jahre waren die heißesten und trockensten seit der Wetteraufzeichnung und damit verzeichnen Forstleute ein immer größeres Waldsterben.
Und natürlich haben Wälder keinen Anwalt, ebenso nicht, wie Ozeane, Moore, Flüsse und Seen. Und wir alle wissen, das Klima ist eine der größten Bedrohungen des Planeten, oder besser gesagt der Menschheit, die diesen Planeten mit Flora und Fauna erhalten sollte. Also muss man sich um den Schutz des Waldes und des Klimas bemühen. Und sicherlich wird der eine oder andere den grünen Spendenknopf gedrückt haben um diese Sache zu unterstützen. Der Reinhardswald braucht deine Unterstützung, steht da, die Zeit läuft – es gibt viel zu tun !!!
Und wir werden anscheinend gut aufgeklärt auf dieser Seite, denn wir erfahren sehr vieles, nur leider ist so ziemlich alles falsch.
Unfassbar oder eher doch aufgebauscht und übertrieben?
„UNFASSBAR!“, erfahren wir da gleich auf der ersten Seite: „Hessens größtes zusammenhängendes Waldgebiet soll zum Wind-Industriegebiet werden“ und weiter geht’s mit: „Gemeint ist der Reinhardswald, der auch als „Schatzhaus der europäischen Wälder“ oder „Grimms Märchenwald“ bekannt ist. Insgesamt sind etwa 2000 Hektar (= 20 Millionen m²) im tausendjährigen Reinhardswald für die Bebauung mit Windanlagen ausgewiesen worden. Der massive Widerstand der betroffenen Bürger wird von der Landesregierung ignoriert. Die Natur Aller fällt der Profitgier Einzelner zum Opfer. Die ersten 20 Anlagen in bisher kaum da gewesener Größe sind konkret geplant (siehe Karte), das Genehmigungsverfahren hat begonnen. Und das wäre erst der Anfang: Insgesamt könnten mehr als 50 dieser gigantischen Windanlagen auf 7 großen Flächen gebaut werden.“.
Und so stellt man die Angelegenheit dann dar:
In der Karte rechts, sehen wir dann das vermeintliche Wind-Industriegebiet. Dieses sind in Wahrheit zwei Gebiete, KS 04a mit 227 ha und KS o4b mit 572 ha. Es ist also schon sehr irreführend neben der Karte lesen zu müssen, dass es 2000 Hektar oder 20 Millionen Quadratmeter im tausendjährigen Reinhardswald für die Bebauung mit Windanlagen haben soll. Das ist aber nur ein kleiner Fehler, den wir der Seite „Rettet den Reinhardswald“ entnehmen. Auf jeden Fall sieht das alles gewaltig aus und ehrlich gesagt, kann ich mir mit diesen Größenangaben Hektar (ha) nichts vorstellen aber es gibt ja Wikipedia.
Ok, ein Hektar sind also 100 mal 100 Meter. Damit haben wir bereits eine Vorstellung aber besser noch wäre zum Beispiel der Vergleich mit einem Fußballplatz. Wievielen Fußballfeldern würde das entsprechen? Auch da hilft Wiki weiter, Zitat: „häufigstes Maß für Fußballfelder: 68 Meter mal 105 Meter = 0,714 ha.“, allerdings gibt es nicht die einzige geltende Größe, Zitat weiter: „Die Länge der kurzen Seiten (Torlinie, fälschlicherweise auch Grundlinie) muss bei nationalen Spielen zwischen 45 und 90 Meter, die der langen Seiten (Seitenlinie) zwischen 90 und 120 Meter betragen“, Zitat Ende – Auch wieder etwas dazugelernt.
Das bedeutet, man will tatsächlich eine Fläche von 2.801 Fusballfelder für die Windenergie opfern? Wie bitte, der Reinhardswald hat ca. 21.000 Hektar und davon sollen nun 2.000 Hektar also ca. zehn Prozent wegen des Baus von Windrädern geopfert werden?
Die obige Karte von „Rettet den Reinhardswald“ ist übrigens interaktiv. Man kann dort hinein zoomen.
Zoomt man in die betroffene Fläche hinein, stellt man fest die rote Fläche löst sich auf und es werden einzelne Windräder als rote Symbole sichtbar, die immer kleiner werden, je höher die Auflösung wird. Und es sind zwei betroffene Flächen und dort sollen 20 Windräder aufgestellt werden.
Ich habe hier eines der Windräder mit einem blauen gestrichelten Kreis markiert, das wir gleich noch besser untersuchen werden.
Hier eine etwas höher auflösende Karte.
Gut, das sieht schon noch gewaltig aus – 20 Anlagen sind 20 Anlagen. Uns fehlt aber ein Größenvergleich und dazu habe ich die obere Windmühle mit dem blauen Kreis einmal herangezoomt und links daneben in etwa die Größe eines Fußballfeldes angedeutet, wenn es quadratisch wäre.
Wir stellen also erst einmal fest, die Behauptung, „Hessens größtes zusammenhängendes Waldgebiet soll zum Wind-Industriegebiet werden“, ist irgendwie ein wenig doll übertrieben, es sei denn es gäbe Paralleluniversen, in denen die Mathematik irgendwie anders funktioniert. Selbst wenn man berücksichtigt, dass es natürlich auch Zuwegungen braucht, um die Windräder aufzustellen. Die obige Schilderung ist also mindestens irreführend und verleitet zu vollkommen falschen Annahmen, wie ich im Laufe dieser Artikelserie noch zeigen werde.
Ich habe mir mal eine Googleansicht mit einem neuen schon gebauten Windrad in Südniedersachsen der Nähe der A7 herausgesucht. Da kann man die Größenverhältnisse gut einschätzen, bezüglich des Platzverbrauches von Windrädern.
Und natürlich braucht es währen der Bauzeit auch zusätzlichen Platz, denn die Baumaschinen brauchen Stellplätze, es braucht Lagerflächen für Material usw. Nach meinem Gefühl, ich bin ja kein Fachmann für Windenergie, kann die Rechnung der „Retter des Reinhardswalds“ aber niemals aufgehen. Sind da vielleicht doch die Klingonen zugange?
Bleibt also dran, wenn es wieder heißt:
Aliens im Reinhardswald. In einer der nächsten Folgen werde ich diese Aufstellung einmal auseinander nehmen.
Fotos von ? Luca Iaconelli ? auf Unsplash
Sonnige Grüße
Klaus Müller
Bäm !!! Aliens besuchen den Reinhardswald. Verbiegen auf merkwürdige Weise die Mathematik und treiben komischen Schabernack. Satireserie von Energiewende-Rocken. https://energiewende-rocken.org/aliens-im-reinhardswald/
Bei diesen „Baumschützern“ und „grünen Aktivisten“ die gegen Windkraft sind sollte wie beim Bau der Teslafabrik in Brandenburg hinterfragt werden ob nicht wieder die „Vernunftkraft“ mit den bekannten rechtslastig aufgestellten Hinterbänklern aktiv ist….
Sehr guter Vergleich! Übrigens: Die Stellfläche für die WEA geht der Natur nicht verloren, sie gibt im Wald* Luft, lässt neue Arten am Waldrand wachsen. Auch die Fläche selbst wird von viel mehr Pflanzen und Tieren genutzt, als ein Acker.
*Wald – Ist der Reinhardswald wirklich ein Wald? Letzteren gibt es in Deutschland quasi nicht! Sobald er forstwirtschaftlich genutzt wird, handelt es sich um einen Forst … und das ist ein gewaltiger Unterschied.