Klimadiplomatie oder Krieg? 2

Krieg um Energie

Last Updated 7. September 2023

Veröffentlicht am: 3. Apr. 2022

Krieg oder Klimadiplomatie? Oder das Ende von allem…

Ich habe Wochen gebraucht es gedanklich zu formulieren, um am Ende komplett alles über den Haufen zuschmeißen, was ich dazu vorher überlegt hatte. Wir leben in einer neuen Zeit der Zeitenwende, wie es viele sagen, und alle verstehen etwas anderes darunter.

In Zeiten, wo alle glauben den wirklichen (einzigen) Feind gefunden zu haben, und eine Gesellschaft sich zu einem “Wir” formieren soll und angeblich alle wissen, wer dieser einzige Feind ist, muss man aufpassen. Alle sagen, es ist Wladimir Putin. Und ja, das, was er macht, ist unerklärbar. Aber dennoch hat die Menschheit einen größeren Feind, den Klimawandel. Die Frage besteht überhaupt nicht – Putins Krieg ist ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg, mit vielen zivilen Opfern. Das ist und bleibt ein sehr schweres Verbrechen.

Aber wovon lenken wir uns da wirklich ab oder werden abgelenkt? Die größte Gefahr für unsere Demokratie, unsere Kultur, unsere Freiheit und unser Leben,  geht von den Folgen eines nicht rechtzeitig “behandelten” Klimawandels aus. Diese wirkliche Zeitenwende kann das Ende der Menschheit bedeuten. Mit sich immer weiter verstärkenden feedback loops werden wir unsere Kulturen vor unlösbare Aufgaben stellen.

Unlösbare Aufgaben bedeutet dann in der Konsequenz aber eine sich radikal gebärdende Auflösung aller menschlicher Kultur. Es bedeutet eine radikale Vernichtung menschlicher Lebensräume, die sich auch nicht wiederherstellen lassen. Uns erwartet Massentod, Massenleid, Massenhilflosigkeit und die Auflösung allen humanen Handelns, verdrängt durch die Handlungsunmöglichkeit, wenn es auf allen Ebenen an Ressourcen fehlt. Es wird am Ende ein sehr viel größeres unlösbares Leid stehen, weil die Übriggebliebenen traumatisiert, um das eigene kärgliche Leben und Überleben kämpfen. Kulturelle Werte wie Gerechtigkeit, Mitgefühl oder Nächstenliebe und Hilfe werden Vergangenheit aus alten Romanen und Filmen sein, ohne dass sich diese Entwicklung irgendwie stoppen ließe. Aber wir können für den Klimaschutz handeln, noch können wir das. 

Jetzt…

Junge Leute kleben ihre Handflächen mittlerweile auf Straßen fest, um darauf aufmerksam zu machen, dass die neuesten Ergebnisse des IPCC viel erschreckender sind und uns zum Handeln zwingen. Und wir wissen anscheinend alle, was getan werden müsste. Aber die Energiewende ist wohl immer noch eine zu große Aufgabe oder Kraftanstrengung, oder was hindert uns, das zu tun, was JETZT getan werden muss? Ist sie das wirklich, diese Aufgabe uns einfach vom Verbrennen von Öl, Gas und Kohle zu lösen und es besser zu machen? Erneuerbare Energien sind längst viel billiger als die fossil/atomare Energieerzeugung und Versorgung.

Wenn wir vom Ende her denken.

Wenn wir vom Ende her denken, ergibt sich ein ganz anderer Blick für alle.  Was wäre, wenn wir die Energiewende so erledigen, wie es uns der neuste IPCC-Bericht aufträgt? Wir haben nur noch 10 Jahre Zeit, dann muss die Energiewende zum allergrößten Teil abgeschlossen sein. Aber welche Folgen hätte das für den Wert von fossilen Energieträgern? Am Ende der 10 Jahre bräuchten wir weder Gas, Öl noch Kohle. Stoffe, die dann auch nicht mehr gekauft werden würden. Wir brauchen sie dann nicht mehr, all das hat keinen Wert mehr. Mit ihnen kann man kein Geld mehr verdienen. Sie wären wertlos. Dazu bitte den #Energiesystemkonflikt lesen. 

Aber wie verhält es sich beim Gas? Bei Öl, Kohle und Atom, können wir so schnell es geht aussteigen. Mit der Energiewende ersetzen wir alle benötigte Energie mit Strom, den wir aus Erneuerbaren Energien herstellen werden. Beim Gas dagegen haben wir ein kleineres Problem. Gasturbinenkraftwerke sind die Begleiter der Energiewende. Wir brauchen sie, weil sie einen sehr großen technischen Vorteil gegenüber anderen Kraftwerken haben. Sie können sehr schnell abgestellt, also auf “Null Leistung” heruntergeregelt werden. Dann liefern sie keinen Strom mehr. Sie können aber danach jederzeit auch wieder angestellt werden und sehr schnell in jede beliebige Laststufe hochgeregelt werden. Sie können auch monatelang stillstehen und ebenso aus diesem Stillstand auf 100% Last in kürzester Zeit hochgefahren werden.

Das kann kein anderes Kraftwerk, (außer Ölkraftwerke, aber deren Anzahl ist in Deutschland verschwindend gering). Der Gaskraftwerkspark in Deutschland wird im Laufe der Zeit umgerüstet werden, und muss dann später ausschließlich mit Wasserstoff, also mit Power2Gas (P2G) betrieben werden können. Das ist der Weg der Energiewende.  

Sektorenkopplung und P2G.

Was muss deshalb mit unseren Gashandelspartnern vereinbart werden? Langzeitlieferverträge werden wegen der Energiewende, so nicht mehr abgeschlossen werden können. Langzeitlieferverträge verpflichten z.B. über die Zeit von 10 Jahren zur Abnahme von immer der gleichen jährlichen Jahresmenge. Das geht nun aber nicht mehr. Wenn wir den Ausbau der Erneuerbaren ordentlich vorantreiben und zusätzlich für die nötigen Mengen an P2G sorgen, bräuchten wir jedes Jahr 10 % weniger dieser Erdgas oder LNG.

In einer kontinuierlichen Rechnung sähe das so aus. Bereits im zweiten Jahr würden wir nur noch 90% der ursprünglichen Menge an Gas kaufen, im dritten Jahr sind es nur 80%, usw. und im 10. Jahr wären wir bei Null %. Aufsummiert entspräche die Liefermenge nur noch insgesamt 5,5 Volljahren. Im 9. Jahr hätten wir aber immerhin noch für 10% fossiles Gas zu sorgen. Diese Betrachtung dient ausschließlich zum Verständnis der Sache.

In der Realität sollten wir tatsächlich auch früher aus Öl, Kohle und Atom aussteigen, aber aus fossilem Gas eben nicht. Der Grund ist die Gefahr eines Blackouts, denn das P2G soll ausschließlich der Verhinderung von Blackouts dienen. Dafür lagern wir es in den vorhandenen Gasspeichern in Deutschland, die den “schleichenden Wechsel” von fossilem Gas zu P2G übergangslos ermöglichen. Siehe dazu den Artikel zur Sektorenkopplung.

Klimadiplomatie

4823-Despoten SFV

Wir haben nun diesen schrecklichen Krieg in der Ukraine, den wir hätten vermeiden müssen und wir hätten ihn verhindern können. Russland ist am 24.2.2022 in die Ukraine eingefallen. Wir hatten einmal gute Beziehungen zu Russland und zu Putin, nur das ist inzwischen lange her. Geopolitische und geostrategische Gründe haben das sicher auch mit verhindert. Und wir sind dabei nicht ganz unschuldig, denn Transatlantiker in allen Parteien haben eher etwas mit strategischen Überlegungen am Hut als mit dem nötigen Klimaschutz und dem Überleben der Menschheit. JA, und das muss man so hart sagen, Transatlantiker haben wenig mit Klimaschutz am Hut. 

Wenn wir in 10 Jahren die Energiewende geschafft haben, was wir unbedingt sollten, dann sind wir nicht mehr auf fossile Energie und auf Atomenergie angewiesen. Bis dahin ist Gas das wichtigste Werkzeug der Energiewende, denn das brauchen wir, um schnelle Gaskraftwerke zu betreiben. Kohle- oder Atomkraftwerke sind zu langsam auszuregeln, wie ich oben schon beschrieb, und würden die Energiewende tatsächlich auch verlangsamen. Das ist Stand der Wissenschaft, und das hat sich auch heute am 24.4.2023, an dem ich dieser Ergänzung schreibe, nicht geändert. Erdgas aus Russland war dabei bedeutend billiger als LNG und darüber gibt es wissenschaftlich keine Zweifel, es ist bedeutend umweltfreundlicher als LNG.

Aber was bedeutet das für Russland, aber auch ebenso für die anderen Staaten, die uns mit LNG beliefern? Gaslieferungen gibt es immer nur mit Langzeit-Lieferverträgen. Ich sage das gern immer wieder, weil es bisher nie ausgesprochen wurde.

Für Putin und alle anderen Lieferanten, auch für die USA oder die vereinigten arabischen Emirate, bedeutet das, sie können die Dinge nicht mehr verkaufen, und wir können herkömmliche Langzeitlieferverträge nicht unterschreiben, wenn wir die Energiewende machen wollen. Dennoch brauchen wir Gas für die Energiewende.

Das ist unser Ausstieg und wir können das in Europa schnell vermitteln. Dann machen sehr schnell alle mit. Unsere Medien sind zwar noch lange nicht imstande, das zu verstehen und zu vermitteln, aber ich habe da große Hoffnung.

Das Klima kümmert sich übrigens nicht um uns, aber wir kümmern uns um Geostrategie und Wettrüstung. Es wird Zeit, dass wir den Medien und Medienverantwortlichen die Klimakipppunkte beibringen, dann versteht sich das, was Strategen als Diplomatie bezeichnen, plötzlich als Klimadiplomatie. Sie wird einen ganz anderen Zweck verfolgen. Man muss das den Staaten in allen Verhandlungen sagen. Man muss es aber über die Medien auch allen Bürgern sagen. Dann sind alle Lieferstaaten angehalten, sich etwas Besseres einfallen zu lassen.

Wenn wir es richtig machen, dann machen vor allem die Bürger die Energiewende. Eine Bürgerenergiewende wäre die Voraussetzung, um alle Menschen mitzunehmen, auch den armen Teil der Bevölkerung. 

Nachtrag: “Dass “Putinversteher” in Deutschland ein Schimpfwort ist, sagt sehr viel über uns Deutsche, aber so gut wie nichts über Putin”. Zitat Franz Alt in der Sendung “maischberger” am 15.02.2023.

Ein weiterer Nachtrag 7.9.2023, vor allem für meine Grünen Freunde: Die Hardliner unter Euch behaupten immer wieder Russland hätte doch niemals etwas mit der Energiewende am Hut gehabt und Putin erst recht nicht. Ich weiß nicht, weshalb die Dinge so verdreht oder ausgeblendet werden, Ihr solltet Euch das bitte selbst fragen. Ich habe noch einige Screenshots gefunden, die das Gegenteil belegen. 

Deutsch-Russische Auslandshandelskammer  

yHBAEAAAAALAAAAAABAAEAAAIBRAA

Sonnige Grüße

Klaus Müller
Energiewende-Rocken und eeMag


Eine weiterführenden Artikel finden sie hier.

take-or-pay oder Watt? Krieg um Energie.

 


Die Grafik des Artikels stammt aus dem SFV Kalender 2023. Hier einzusehen: https://www.sfv.de/sfv-kalender-2023


 


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