Solarzubau 2016 – zurück in den Kindergarten

Wie vor 10 Jahren

Last Updated 5. Mai 2017

Die Energiewende geht voran. Kanzlerin und zuständige Minister sind zufrieden, das Klimaschutzziel immer fest im Auge. Das wäre auch gut so, denn die neuesten Nachrichten vom Klimawandel, der sich zu beschleunigen scheint, können niemanden beruhigen. Allerdings zeigt die Statistik bei Solarstrom ein sehr ernüchterndes Bild. Bereits im vierten aufeinander folgendem Jahr herrscht Degression und Absturz. Auch 2016 befindet sich das Ausbauniveau in Höhe der Zahlen von 2007.

Solarausbau wie vor 10 JahrenSolarausbau wie vor 10 Jahren

In 2004 und den darauf folgenden Jahren sahen wir einen schönen Anstieg der Ausbauzahlen der aber in 2012 abrupt endete. Massive Preissenkungen hatten Jahr für Jahr dafür gesorgt, dass die Einspeisevergütung für Solarstrom dementsprechend sank. Heute haben die Solaranlagenpreise ein Niveau erreicht, dass Solaranlagen ihren Strom nahezu für 1/3 des Haushaltsstrompreises erzeugen können. https://www.taz.de/Politiker-und-Energiewirtschaft/!5403516/Deshalb kann die Allgemeinheit kaum noch belasten werden, weil ein Großteil des Stroms selbst verbraucht und nicht ins Netz gespeist wird. Akkus im Haus unterstützen das. Trotzdem sehen wir keine Fortschritte beim Solarausbau. Wir dümpeln bei den Zahlen von 2007 herum. Das ist nicht im Sinne des Klimaschutzes dem sich die Bundesregierung ja verpflichtet hat.
Die Plattform solarbranche.de (von der wir auch die Grafik übernommen haben) schreibt dazu:

Politik bremst PV-Sektor drastisch aus – Tausende Arbeitsplätze gehen verloren

Während 2011 und 2012 der deutsche Photovoltaik-Markt auf hohem Niveau stagnierte, setzte ab 2013 infolge von politischen Anpassungen des EEG-Rahmens ein massiver Markteinbruch ein. Zehntausende Arbeitsplätze sind seither in der Solarbranche weggefallen. 2015 ist der Photovoltaik-Markt in Deutschland mit einer neu installierten Leistung von rd. 1.450 MWp deutlich unter das Niveau des Jahres 2008 gefallen. Das ist ein Marktrückgang um über 80 Prozent innerhalb von 3 Jahren.

Verdrängen, Verleugnen und Vertuschen

Auch bei den Fortschritten in der KFZ-Branche sehen wir eine rückwärts gerichtete Politik. Eine Million e-Autos wollte die Kanzlerin bis 2020 auf die deutschen Straßen bringen. Die Zulassungszahlen sind grottenschlecht aber die Lobbykontakte der Wirtschaftslobby zu den Regierungskreisen um so besser. So übt man sich im Herunterspielen des Dieselskandals und Gutwettermachen.

Franz Alt auf seiner SONNENSEITE.COM schreibt:

…. nach wie vor sorgt diese große Auto-Koalition in Berlin dafür, dass die EU-Kommission keine schärferen Grenz- und Kontrollrichtlinien für Benzin- und Dieselautos in der ganzen EU einführen kann. Die Bremser und Verschmutzer sitzen hauptsächlich in Deutschland. … Nach wie vor fahren auf   deutschen Straßen Millionen Dieselautos mit um ein vielfaches überhöhten Stickoxid-Grenzwerten. Im Schnitt stoßen Diesel dreimal mehr Stickoxide (NOx) aus als offiziell erlaubt – im Extremfall sogar bis zu sechsmal mehr. Das schadet der Umwelt und Millionen Menschen – hauptsächlich Asthmatikern und kleinen Kindern.
Jeder gesetzestreue Bürger muss sich schlicht verarscht vorkommen,  wenn er zusehen muss, dass die Politik gegenüber der mächtigen Autoindustrie jeden Gesetzesverstoß duldet. Politik-, Parteien- und Demokratie-Verdrossenheit sind die logischen Konsequenzen. …

Diese Feigheit der Politik provoziert dann die Frechheit und Dreistigkeit der Autoindustrie, aber nicht nur dieser Branche. Da hat sogar die Trump-Regierung völlig recht, wenn sie in diesen Tagen der deutschen Bundesregierung Heuchelei beim Klima- und Umweltschutz vorwirft. Immerhin ist der Diesel-Skandal von VW in den USA aufgeflogen und wird dort auch jetzt viel aufwendiger verfolgt als in Deutschland. In den USA, nicht in Deutschland, wurden Milliardenstrafen verhängt, dort – nicht in Deutschland – landen Auto-Manager vor Gericht und dort – nicht in Deutschland – werden Kunden entschädigt. Das alles ist nur noch peinlich für den ehemaligen Klima-Musterschüler Deutschland.

Feigheit vor der Zukunft

Diese Heuchelei beim Klima- und Umweltschutz der Bundesregierung liegt auch beim Solarausbau vor. Auch hier hat eine mächtige Lobby dafür gesorgt, dass Grabesstille in der Solarnachfrage herrscht. Damit verbunden eine Gesundungstherapie wie im Mittelalter der Aderlass. Das wir uns damit ins absolute Aus katapultiert haben, was unsere Exportchancen betrifft, will anscheinend keiner wissen.

Dabei boomt die Solarindustrie weltweit

SolarboomUnd es ist ein gern erzähltes Märchen wir könnten in Deutschland keine Solarmodule bauen die mit den chinesischen Preisen mithalten können. Therapie gelungen Patient kaum noch am Leben.

Das ist Feigheit vor der Zukunft zugunsten der alten sterbenden Energieformen Kohle und Atom. Man erhält sie künstlich am Leben und will nicht sagen, dass die längst auf der Intensivstation liegen und künstlich beatmet werden. Und es ist die Verantwortungslosigkeit gegenüber nachfolgenden Generationen.

Funkstille
Kein Wunder, seit mehr als einem Jahr äußert sich die Bundesregierung auch nicht zum Solarausbau und der Zukunft der Solarindustrie. Mehr als 80.000 Arbeitsplätzen gingen dort verloren gingen. Wenige 10.000 Braunkohlearbeitsplätze sind anscheinend wichtiger. Da kann man die letzten Worte Gabriels von den Erneuerbaren Energien, die man jetzt dem freien Markt aussetzen müsse weil sie sich zu schnellen Windhunden entwickelt hätten und nun keinen Welpenschutz mehr bräuchten, nur als verlogene höhnische Propaganda bezeichnen. Sorry, da finde ich leider keine besseren Worte.

„Kohle bleibt Lobbykönig

Kohle bleibt Lobbykönig, schreibt denn auch die TAZ in ihrem Bericht vom 3.5.20017. Sie erzählt uns von der Lobbyarbeit, die die Kohlebranche so erfolgreich macht. Es ging um die erste Jahreshälfte 2015 und der damalige SPD-Chef Sigmar Gabriel und das von ihm geführte Wirtschaftsministerium arbeiteten an einem Plan, wie Braunkohlekraftwerke durch eine zusätzliche Klimaabgabe belastet und damit nach und nach aus dem Markt gedrängt werden könnten. Im Sommer war dieser Plan tot.

Im Wochenrhythmus gingen die Chefs der vier großen konventionellen Energiekonzerne in den entscheidenden Monaten im Bundeswirtschaftsministerium und im Kanzleramt ein und aus. Das geht aus der Antwort der Regierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor, die die taz vorab auswerten konnte. Darin sind sämtliche Gespräche aufgelistet, die die Kanzlerin sowie alle MinisterInnen und StaatssekretärInnen seit Oktober 2014 mit VertreterInnen der Energiebranche geführt haben.

Mit großem Abstand an der Spitze: die vier Energieriesen RWE, Eon, Vattenfall und EnBW, bei denen trotz verstärkter Investitionen in erneuerbare Energien noch immer Kohle- und Atomstrom das Geschäft dominieren. Eon traf insgesamt 40 SpitzenpolitikerInnen, darunter 4 mal die Kanzlerin und 29 mal Minister; RWE kommt auf 40 Kontakte, davon 3 mit Merkel und 22 mit verschiedenen MinisterInnen.

Zum Vergleich: Enercon kommt als größter deutscher Hersteller von Windkraftanlagen auf 3 Gespräche, davon 2 auf Minister­ebene. „Schwarz-Rot bleibt im Energiebereich eine Große Koalition der großen Bosse“, kommentiert Eva Bulling-Schröter, energiepolitische Sprecherin der Linken. Die „offensichtliche Bevorzugung der Wirtschaftsriesen gegenüber dem Umweltschutz“ habe konkreten Einfluss auf die Energiepolitik, wie sich beim Ausbremsen der Energiewende und dem Eintreten für Kohlekraftwerke zeige.

Da machen die klaren Worte von Hans-Josef Fell doch auch Mut.

Hans-Josef Fell – Das Tempo der Energiewende – Veröffentlicht am 01.05.2017 – Sendung – Leben mit der Energiewende TV – Erstausstrahlung: 1. Mai 2017
 
Eine Steuerung des solaren Ausbaus müsste dagegen das Tempo versiebenfachen. Die Ausbauzahlen aber wieder in die Kindertage der Erneuerbaren zurückzuschicken ist verantwortungsloser Lobbyismus, der unser Land sowohl im Export gefährdet als auch sträflichst gegen Klimaschutzziele verstößt. Es gibt keine Gründe, weder auf der technischen noch auf der wirtschaftlichen Seite, die Solarenergie sofort kräftig anzuschieben.
 
So jedenfalls bekommen wir die Wende bestimmt nicht hin.

Trotzdem sonnige Grüße

Klaus Müller

 

 

 

 

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