Die schöne Müllerin und die Lobby

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Last Updated 2. November 2020

Diesmal nicht Frau Müller, dieses Mal nicht….

Sehr interessant dieser Tage ist ein Artikel vom Spiegel letzter Woche zu lesen:

So verlor die Autolobby den Kampf um die Abwrackprämie

Und damit tritt die Frage auf, wer ist denn die Autolobby genau und wer vertritt sie? Dazu der Spiegel:

“Am Morgen nach der Schmach schalteten sich die deutschen Autobosse in einer Telefonkonferenz zusammen. Das Konjunkturpaket der Bundesregierung enthalte zwar einige gute, aber auch problematische Aspekte, erklärte ihnen Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), am Donnerstag. Man habe ihr die Unzufriedenheit angemerkt, sagen Teilnehmer. Auch beim Rest der Runde war die Stimmung gedämpft.
Oberlobbyistin Müller und Konzernvertreter hatten über Wochen hinweg die Kanzlerin und ihre Minister bearbeitet, einer milliardenschweren Prämie für alle Antriebsarten, also auch Diesel- und Benzinautos, zuzustimmen. Doch die Regierung blieb hart – sie ließ die Branche abblitzen. In weiten Teilen der Politik wurden die Forderungen der Konzerne als zu forsch wahrgenommen. Selbst mächtigen Unionspolitikern, der Autoindustrie eigentlich gewogen, stieß die Haltung des VDA auf, dessen Position wenig Verhandlungsspielraum geboten habe, nach dem Motto „Kaufprämie oder nichts“.
Nun ist der Jammer groß, und allmählich begreifen die Manager und ihre Büchsenspanner, dass sie die Stimmung im Land falsch eingeschätzt hatten. Intern werden die Beschlüsse als „Paradigmenwechsel“ gewertet, wird die „polarisierte Debatte“ in Politik und Öffentlichkeit beklagt. Die Wahrheit ist: Die Zeiten, in denen die Regierung der Autobranche fast jeden Wunsch erfüllte, sind vorbei.“

Leider kann man den Spiegel nach diesem kurzen Absatz wegen der dann folgenden Bezahlschranke nicht weiterlesen und das sparen wir uns auch. Klar ist nun folgendes die Oberlobbyistin heißt Müller und wer ein bisschen sucht weiß auch es ist Hildegard Müller.

Aber der Spiegel mutmaßt falsch, „dass sie die Stimmung im Land falsch eingeschätzt“ hatten, die Lobbyisten. Die Stimmung im Land hat sich nicht gedreht. Jahrelanges eAutobashing verschwindet nicht auf einmal und die Phrasen die dann mit Fridays for Hubraum, der Facebookgruppe die innerhalb 14 Tagen eine halbe Million Mitglieder bekam, kamen nicht, wie viele die dem Ganzen auf dem Leim gegangen sind, durch logisches überlegen zustande. E-Autos wären noch lange nicht so weit und hätten ihre Grenzen, das klingt alles so logisch, Und die Akkus sind Umweltdreck, und die armen Kinder im Kongo… Na ja, wir kennen das alles, und so reißerisch wie es klingt, entspricht es nicht der Wahrheit, ich habe darüber sehr ausführlich in meinem Blog berichtet.

Diese Desinformationen wurden sehr bewusst gestreut und die Medien haben das sehr gern aufgegriffen und eifrig weiterverbreitet. Und zu behaupten, es gäbe eine “polarisierte Debatte” in Politik und Öffentlichkeit ist warer Nonsens. Genau das Gegenteil ist der Fall. Es gab jede Menge Desinformationskampagnen und die kamen von der Verbrenner-Lobby selbst. Das lässt sich sicher nicht belegen, denn dafür gibt es heute PR-Agenturen, die alleine für Meinungsmache zuständig sind. PR heißt neudeutsch Public Relations, ist aber einfach nur Propaganda und wird gut bezahlt, wenn die Agenturen den obersten Zweck wahren; der Auftraggeber darf nie verraten werden und in Erscheinung treten. Das ganze in der speziellen Form nennt sich #LeisePR. Und dazu gibt es einige Artikel auf meinem Blog.

Es verwundert nicht, weshalb das eAuto bisher vor allen bei denen einen schlechten Ruf genießt, die sich damit nicht selbst auseinandergesetzt haben und vielleicht auch schon mal damit gefahren sind oder einen Besitzerkennen. Und so mutmaßen die meisten: die beste Methode wäre es sich ein eAuto zu kaufen um einen Erfrierungstot auf der Autobahn im Winter erleiden zu können. Auch Explodieren würden die Dinger und vor allem auch brennen. Man fragt sich, weshalb sich diese Mythen so lange und so hartnäckig halten? Sie wurden immer und immer wieder wiederholt. Dass arme Kinder im Kongo ausschließlich wegen der Akkus ihre kleinen Körper „dem Wahn grüner Vorstellungen“ opfern und dass 40 (oder waren es 80) Ozeanriesen oder war es nur einer, mehr CO2 verursachen als alle Autos der Welt (oder doch nur die von Europa oder war es Deutschland) oder waren es 5 Millionen Autos und nur ein Kreuzfahrtschiff?

Egal, vergessen sie das ganze, es ist alles nicht wahr und keiner wird wegen Erfrierungen im Winter auf der Autobahn sterben, weil er ein eAuto fährt. Hier mal ein Bericht. Und die Kinder im Kongo werden weiter nach Kobalt schürfen mit ihren kleinen Händen, auch wenn wir bald für die Akkus kein Kobalt mehr brauchen werden, denn Kobalt dient zum Härten von Stahl und wird in vielen weiteren Anwendungen gebraucht. Und eines ist sicher, gerade die Prahler und Verbreiter dieser Botschaften werden keinesfalls auf Kobalt verzichten, denn das würde Askese der schlimmsten Art bedeuten denn Kobalt ist unverzichtbar außer in Akkus. Aufklärung zum Kobalt hier. Und zum Kreuzfahrtschiff hier die Aufklärung.

Viel wichtiger ist eigentlich folgendes. Der Regierung drohte eine mächtige Niederlage, wenn sie sich nicht endlich zum eAuto bekennt und die richtigen Signale setzt. Seit Jahren ist bekannt, dass wir beim CO2-Ausstoß die Flottenziele erreichen müssen. Sonst hagelt es saftige Strafen für Deutschland aus der EU. Und das würde die Verbrennerbranche viel härter treffen aber eben auch Deutschland als Land der Autobauer. „CO2-Grenzwert der EU: Hersteller stehen vor gewaltigen Strafzahlungen“, schreibt motor1.de. Und hier kann man sich den Abschlussbericht „CO2-Emissionsreduktion bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen nach 2020“ des Bundeswirtschaftsministeriums ansehen.

Und auch wenn sich viele nun immer noch wundern, Fakt ist, die eAutos werden ganz einfach gebraucht, damit der Flottenverbrauch stimmt.

Die Oberlobbyistin

Wer ist nun aber Frau Müller? Sie heißt mit Vornamen Hildegard und war mal früher bei der Jungen Union. Damit ist aber noch lange nichts gesagt. Interessant wird es wenn man nach Wikipedia schaut. “Hildegard Müller ist eine deutsche Managerin, Verbands Führerin und ehemalige Politikerin (CDU). Von 2005 bis 2008 war sie Staatsministerin im Bundeskanzleramt und von 1998 bis 2002 die erste weibliche Bundesvorsitzende der Jungen Union.”

Unter Lobbyismus finden wir in Wikipedia zu Frau Müller folgendes:

Tätigkeit bei der Dresdner Bank. In Hildegard Müllers Zeit als Vorsitzender der Jungen Union erhielt die Junge Union finanzielle Hilfe ihres Arbeitgebers, der Dresdner Bank….
Tätigkeit für den BDEW. Dem Bundesverband der Energie und Wasserwirtschaft e.v. (BDEW) stand Hildegard Müller vom 25. Juli 2008 bis zum 30. April 2016 als Vorsitzende seiner Hauptgeschäftsleitung vor Punkt dieses Amt legte sie nieder um in den Vorstand der RWE einzutreten.
Tätigkeit für RWE Innogy. Zum ersten Mai 2016 wechselte Hildegard Müller vom Bundesverband der Energie und Wasserwirtschaft BDEW zu RWE sie übernahm dort die Funktionen als Netz Vorstand der neu gegründeten Ausgliederung RWE international se zwischenzeitlich informiert als Innogy se damit vervollständigte sie das sechsköpfige Vorstandsteam der neuen RWE Ausgliederung Innogy se sie war die erste Frau im Innogy Vorstand.
Tätigkeit beim VDA ab Februar 2020. Am 29 November 2019 wurde Hildegard Müller vom Vorstand des VDA einstimmig zur neuen Präsidentin gewählt. Ihr Amt dort begann sie am 1. Februar 2020.”

Zu ihrer Tätigkeit beim VDA kommen wir weiter unten.

Und beim BDEW begann auch das Wirken dieser Lobbyistin gegen die Energiewende. Auch wenn sie immer so tat, als wäre sie für die Wende, bewirkte sie mit allen Mitteln das Gegenteil. Frühzeitig genug hatte Frau Müller in ihrer Tätigkeit für den BDEW im Juli 2008 aufgenommen. 2008 war das Jahr in dem der BDEW im Vorfeld der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vorgeschlagen hatte, die bisherige Wälzung des EEG-Stroms von den Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) abzuschaffen.

Den folgenden Satz hatte ich auf den Seiten des BDEW gefunden, heute ist er dort verschwunden (einmal auf BDEW klicken, „404 – Seite nicht gefunden“ ist das Ergebnis).  Weshalb eigentlich? Gibt es dafür einen Grund? Ich meine ja, aber das ist nur eine Vermutung.

Wurden bis 2010 die nach dem EEG vergüteten Strommengen in einem aufwändigen Verfahren auf alle Stromvertriebsunternehmen in Deutschland verteilt (EEG-Ausgleichs-mechanismus), findet seit dem 1. Januar 2010 nur noch ein rein finanzieller Ausgleich für den EEG-Strom statt.”

Das Internet vergisst aber nichts und sie finden den Satz auf meinem Blog und auch hier.

Das war der Beginn des EEG-Paradoxons (#eegParadoxon). Mit dem viel mehr Geld über die EEG-Verordnung eingezogen wurde, als an die Anlagenbetreiber ausgezahlt wurde. Mit einem Satz könnte man das eegParadoxon so beschreiben: Es ist die bisher größte konzertierte Desinformationskampagne gegen die Energiewende, die mit einem fadenscheinigen Grund, „die Erneuerbaren haben die Strompreise in die Höhe getrieben“, in der Folge 100.000 Arbeitsplätze in der Solarbranche vernichtet hat. Unglücklicherweise haben die Medien das immer noch nicht berichtet, bis auf die Satiresendung „Die Anstalt“ vom ZDF.

Das Paradoxon führte gleich zu mehreren paradoxen Situationen und Vorgängen.

  • Immer, wenn viel Solar oder Windstrom geliefert wurde sanken die Börsenstrompreise. Die erneuerbaren Energien sollten aber an der Strombörse regulär wie alle anderen auch Geld erwirtschaften, was dazu führte, dass die dann niedrigen Strompreise zu einem Minderertrag führten.
  • Das führt regelmäßig zu Mindereinnahmen im EEG Konto. Die Folge davon war, dass diese Mindereinnahmen durch eine ständig steigende EEG-Umlage ausgeglichen werden mussten.
  • Durch die niedrigen Strompreise an der Börse wurden Gaskraftwerke unrentabel, die sich besonders gut im Betrieb mit erneuerbaren Energien eigneten. Sie wurden weniger genutzt und im Bau befindliche Gaskraftwerke wurden nicht fertiggestellt.
  • Nun mussten Kohle- und Atomkraftwerke, die sich im Betrieb zusammen mit erneuerbaren Energien weniger eigneten, die Stelle von Gaskraftwerken einnehmen. Weil diese Kraftwerke nicht auf null heruntergeregelt werden können, wenn man es braucht und auch nicht aus dem Stand sofort benötigte Energie liefern können, erzeugten Kohle- und Atomkraftwerken einen ständigen Stromüberschuss. Damit begann die Ära des Stromexportüberschusses, die von 2010 bis 2019 anhielt.
  • Die Stromexportüberschüsse wurden immer massiver und zum Ende hatte man nur wenige Stunden im Jahr wo kein Überschuss entstand. Gaskraftwerke hätten das verhindern können.
  • Die geringen Börsenstrompreise wurden nicht an die Verbraucher weitergegeben.
  • Der größte Anteil am Anstieg der EEG-Umlage wurde aber durch die Fehlannahmen im EEG Konto, das über die Umlage ausgeglichen werden musste, verursacht.
  • Damit begann die Vernichtung von 100.000 Solararbeitsplätzen.

Im gleichen Zug lief die “Kampagne der INSM und des RWI gegen die Förderung des Ökostroms” an. Das war natürlich eine konzertierte Aktion, denn man wusste ja was geschehen würde wenn man den Ökostrom nach obigem Modell an der Börse vermarkten würde.

Als damalige Lobbyistin der BDEW wusste Frau Müller davon und in einem früheren Artikel hatte ich folgendes recherchiert (Zitat):

“Die an der Börse erzielten Einnahmen (Prognose für 2010: 4,5 Mrd. Euro bei einem durchschnittlichen Börsenpreis von 5,37 ct/kWh) reichen jedoch nicht aus, um die Ausgaben für die im EEG festgelegten Vergütungen und die sog. Profilservicekosten des EEG-Stroms zu decken (Prognose für 2010: 12,7 Mrd. Euro). Den prognostizierten Fehlbetrag in Höhe von insgesamt 8,2 Mrd. Euro geben die Übertragsnetzbetreiber in Gestalt der sog. EEG-Umlage an die Stromlieferanten und somit im Endeffekt an die Verbraucher weiter. Für 2010 beträgt die EEG-Umlage 2,047 ct/kWh.”

Deshalb warnte die Bundesnetzagentur  rechtzeitig:

„Da sich die Marktteilnehmer auf das neue Vermarktungssystem des EEG-Stroms an der Börse erst noch einstellen müssen, sieht die Ausführungsverordnung zur AusglMechV für das Jahr 2010 vor, dass die Übertragungsnetzbetreiber den EEG-Strom nicht zu jedem Preis an der Börse verkaufen müssen. Sie dürfen in bestimmten Ausnahmefällen Preislimits setzen, um eine Veräußerung zu erheblich negativen Börsenpreisen zu vermeiden.
Wird an der Börse eine große Menge Strom aus erneuerbaren Energien vermarktet, sind negative Preise grundsätzlich ein wichtiges Marktsignal für konventionelle Stromerzeuger und Stromverbraucher, das eigene Angebot bzw. die eigene Nachfrage an die aktuelle Marktsituation anzupassen. Die Energiewirtschaft ist aufgerufen, das neue EEG-Vermarktungssystem in ihre Beschaffungs- und Veräußerungsstrategien zu integrieren. Beispielsweise sollten konventionelle Stromproduzenten prüfen, inwieweit sie ihre Stromerzeugung reduzieren können, wenn negative Preise zu erwarten sind. Die neuen Regeln der Bundesnetzagentur stellen sicher, dass negative Preisspitzen, die nicht durch ein rationales Verhalten der Marktakteure zu erklären sind, vermieden werden. Dies geschieht vor allem im Interesse der Verbraucher, damit diese über die EEG-Umlage nicht über Gebühr belastet werden…“

Frau Müller hätte das alles aufklären können. Und sie hätte damit evtl. 100.000 Solarjobs retten können. Das tat sie nicht, es war nicht ihr Job. Und ihr heutiger Job wäre es gewesen, die KFZ-Industrie darauf vorzubereiten, dass das eAutos unausweichlich für die Zukunft für die Branche sind. In Wahrheit wird es so kommen: Entweder Untergang der ganzen Branche oder sie wird noch rechtzeitig die Kurve bekommen. Ja, natürlich, keiner kann in die Zukunft sehen und morgen kommt vielleicht der große Komet und löscht das Leben auf der Erde aus. Wer aber in der Lage ist, die Finger an einer Hand zu zählen oder sich an die Existenz von Rollfilmen zum Fotografieren zu erinnern, (die jüngeren bitte mal googeln), dem ist klar, die eAutorevolution lässt sich nicht mehr aufhalten. Was aber unsere Energieexpertin Frau Hildegard Lobby-Müller betrifft, so hätte sie dafür sorgen können und die KFZ-Branche aufklären, dass in den Akkus ein Riesenpotential für die Energiewende steckt (sie ist Energieexpertin) aber auch für die KFZ-Branche.

Und damit ergeben sich riesige neue Chancen für die Branche. Ich hätte da ein paar Ideen …

Sonnige Grüße
Klaus Müller

eemag und Energiewende-Rocken

 

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