Das Konjunkturpaket ist kein ernsthafter Beitrag zum Klimaschutz

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Last Updated 8. Juni 2020

Gastbeitrag Hans-Josef Fell. Den Originalbeitrag können sie hier lesen.

Liebe Leserinnen und Leser,

Das Konjunkturpaket der Bundesregierung wurde vielfach gelobt, einzelne Aspekte daraus sogar aus dem Umfeld der Klimabewegung. Und natürlich gibt es einzelne Punkte, wie die Förderung der E-Mobilität durch Zuschüsse für E-Mobile & Unterstützung für Ladestationen oder die Förderung für grünen Wasserstoff, beides ist notwendig für den Klimaschutz. Diese Einzelaspekte führen aber nicht zu einem umfassenden Klimaschutz, wie er angesichts der dramatischen Lage unseres Planeten notwendig ist. Denn das Konjunkturpaket soll ja gleichzeitig ein Zukunftspaket sein, d.h. unsere Wirtschaft zukunftssicher und damit nachhaltig aufstellen. Das bedeutet wiederum, der Klimaschutz muss bei allem Maßnahmen mitgedacht werden. Das Paket leitet jedoch mitnichten einen Wandel zu einer emissionsfreien Wirtschaft bis 2030 ein, wie es das Einhalten des 1,5-Grad-Zieles erforderlich macht. Im Gegenteil, die meisten Maßnahmen werden ein Weiterlaufen ohne strukturellen Wandel in der emittierenden klimaschädlichen fossilen Wirtschaft befördern, statt endlich die Weichen neu zu stellen.

Meist wird gelobt, dass die Kaufzuschüsse für Verbrennungsmotoren nicht zustande kamen, wie sie von Ministerpräsidenten der CSU, SPD und von Bündnis 90/Die Grünen aus den Bundesländern mit starker Automobilwirtschaft gefordert wurden. Das Abräumen dieser Forderung kann aber nicht als Klimaschutz bezeichnet werden. Es ist schlicht nur die Verhinderung einer besonders heftigen Maßnahme zur weiteren beschleunigten Aufheizung der Erde. Dass dies nun nicht kommt, als Klimaschutz zu bezeichnen, ist schlicht absurd.

Schließlich wird dieser angebliche Sieg für den Klimaschutz zudem konterkariert durch die Mehrwertsteuersenkung. So führt EURACTIV eine Äußerung des bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) an, nach der die Senkung der Mehrwertsteuer seiner Meinung nach ein Ersatz für die fehlende Kaufprämie sei. Es existiert demnach weiterhin ein Kaufanreiz für Automobile mit Verbrennungsmotoren, nur eben nicht ausschließlich.

Der Ersatz einer Zuwendung für einen Sektor durch eine Zuwendung aller Sektoren ist das Grundprinzip des gesamten Konjunkturpaketes: Es ist im Kern ein Konjunkturpaket nach dem Gießkannenprinzip, großflächige Unterstützungsmaßnahmen für die vorherrschende und klimaschädliche Wirtschaftsweise, der Erhalt des Status quo mit nur wenigen klimapolitischen Sprenkeln.

Die Mehrwertsteuersenkung hätte konzentriert werden können auf Produkte und Dienstleistungen, die dem Klimaschutz dienen, wie biologische Lebensmittel, Solaranlagen, Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen, Energieberatung, emissionsfreie Mobilität und vieles mehr. Dies hätte eine enorme Lenkungswirkung für den Klimaschutz erzeugt.

Nun gibt es aber eine Mehrwertsteuersenkung nach dem Gießkannenprinzip, womit auch der Kauf eines klimaschädlichen SUV, von Fleisch aus Massentierhaltung, von Pestiziden oder von Kleidung aus Herstellung mit Kinderarbeit und Ökodumping, sowie der Ausbau von Erdgaspipelines, die Füllung des Heizöltanks und eine Vielzahl weiterer klimaschädlicher und mit Sozialdumping hergestellter Produkte befördert wird.

Die gesellschaftliche Umstellung hin zu mehr Klimaschutz kann nicht mit der Gießkanne geschehen. Dem vorliegenden Konjunkturpaket und anderen Aktivitäten während der Coronakrise, bspw. zum Schutz von insolvenzgefährdeten Unternehmen, fehlen ganz klar eine grüne Handschrift. So soll die Lufthansa mit Steuergeldern in Milliardenhöhe gerettet werden, ohne, dass Vorgaben für die Umstellung auf klimaneutrale Treibstoffe gemacht werden – wie in Frankreich geschehen. Auch Vorgaben, die Lufthansa zu einem Mobilitätskonzern umzubauen, der die Kurz- und Mittelstrecken-Flüge auf die Bahn verlegt, verbunden mit einem Ausbau des Streckennetzes, sind nicht enthalten.

Zwar sieht das Konjunkturpaket eine finanzielle Unterstützung in Höhe von fünf Milliarden Euro für die Deutsche Bahn vor, doch auch dies hat keine Lenkungswirkung. Im Gegenteil, die Bundesregierung hat die Bahn in ein ökologisches Desaster schlittern lassen. So ist sie aufgrund von Altverträgen gezwungen, klimaschädlichen Kohlestrom aus dem neuen Kohlekraftwerk Datteln 4 zu überhöhten Preisen aufzukaufen, vollkommen entgegengesetzt zum Leitbild einer ökologischen Bahn. Die Forderung, Datteln nicht in Betrieb gehen zu lassen, lag bereits lange auf dem Tisch (u.a. als Empfehlung der Kohlekommission), die Bundesregierung hat sich hier dennoch für die Fortsetzung fossiler Energiegewinnung entschieden.

Das Konjunkturpaket soll laut Bundesregierung auch ein Zukunftspaket sein und bspw. „Investitionen in Klimatechnologien“ stärken. Doch insgesamt wurde dem Kern des Klimaschutzes – dem Ausbau des Ökostroms – viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Das Ausräumen der vielen Hemmnisse im EEG hätte den Ausbau der Erneuerbaren Energien massiv befördert und somit eine der größten Konjunkturstützen werden und Arbeitsplätze schaffen können.

Stattdessen hat die Bundesregierung in der gleichen Kabinettssitzung zwar höhere Ausbauziele aber zugleich auch neue Hindernisse für den Ausbau der Offshore-Windenergie beschlossen, in dem sie in den Ausschreibungen sogar nun eine Abgabe von den Investoren fordert, wenn sie besonders kostengünstige Angebote abgeben.

Dieses Konjunkturpaket ist ein erneuter Beleg, dass Union und SPD es nicht ernst meinen mit dem Klimaschutz, sondern weiterhin aktiv klimaschädliche fossile Wirtschaftsweisen befördern.

Hammelburg, 05. Juni 2020

Ihr Hans-Josef Fell

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